Düsseldorf. In Düsseldorf öffnete die erste städtische Teststrecke für autonomes Fahren. Unfallwarner und Rettungsgassen-Assi sollen Verkehr sicherer machen.

41 Stunden pro Jahr verbringen Autofahrer in Deutschland mit der Suche nach einem Parkplatz. Das autonome Fahren soll der zeitraubenden Herumkurverei ein Ende bereiten. In Düsseldorf ist das „Einparken wie von Geisterhand“ seit gestern keine Zukunftsmusik mehr.

Der Fahrer steigt an der Einfahrt zum Parkhaus aus, gibt per Handy den Befehl zum Einparken und der Wagen rollt selbstständig zum nächsten freien Einstellplatz. Wenige Minuten vor der gewünschten Rückfahrt steht das Auto wieder abfahrbereit am Abholpunkt.

20 Kilometer lange Teststrecke

In seinem Düsseldorfer Parkhaus demonstriert der Telekommunikationskonzern Vodafone gemeinsam mit Hochschulexperten der RWTH Aachen, wie autonomes Fahren funktionieren kann. Das Projekt ist Teil des ersten großen digitalen Testfelds in einer deutschen Stadt. Auf einer Strecke von 20 Kilometern wollen die 16 Partner von KoMoD (Kooperative Mobilität im digitalen Testfeld Düsseldorf) ausprobieren, wie intelligente Fahrzeuge miteinander reden, sich gegenseitig vor Gefahren warnen und autonom bewegen können. Im Gegensatz zu Bayern, wo nur ein Autobahnabschnitt zur Teststrecke gehört, sind es in der NRW-Hauptstadt neben der A52, die City, ein Tunnel und das Parkhaus. Hier basteln rund 20 Vodafone-Mitarbeiter und ein Team der RWTH Aachen seit nunmehr einem Jahr am fahrerlosen Einparken. „Wir haben unser Parkhaus zentimetergenau vermessen. Die digitale Karte und die Routen wurden auch im Auto hinterlegt“, sagt Vodafone-Projektleiter Kai Strehl.

Ultraschall-Sensoren erkennen freie Plätze im Parkhaus

Am Kopf eines jeden Einstellplatzes auf dem Dach des Parkhauses haben sie einem vom Konzern selbst entwickelten Ultraschall-Sensor angebracht. Er erkennt, ob die Lücke frei oder belegt ist. Die Information übermittelt er per Mobilfunk an einen Server. Der wiederum funkt Routeninformationen an das wartende Fahrzeug. Auf dem Weg zu Stellplatz 23 sitzen aus rechtlichen Gründen freilich Uni-Experten im Auto. Darin verbaute Sensoren und Kameras erkennen Gegenverkehr und Hindernisse.

„Bei Prototypen funktioniert die Technologie bereits“, sagt Strehl. Bis die ersten autonomen Parkhäuser an den Start gehen können, seien aber noch einige Hindernisse zu überwinden. Der Projektleiter: „Alle Autohersteller müssen sich auf einen Standard einigen. Nur so kann autonomes Fahren einmal Teil unseres Alltags werden. Zum Beispiel in Parkhäusern.“

Die schöne neue Technikwelt soll das Autofahren aber nicht nur bequemer, sondern auch sicherer machen. Vodafone und der Kölner Autobauer Ford haben sich deshalb dazu entschlossen, auf der Düsseldorfer Teststrecke einen Unfall-Warner und einen Rettungsgassen-Assistenten auf seine Alltagstauglichkeit hin zu überprüfen.

„Rettungsgasse bilden!“

In der gestellten Szene kommt es zu einem Unfall. Die beteiligten Autos, die wie Handys mit einer SIM-Karte ausgestattet sind, melden „Unfall voraus“ in Echtzeit an alle anderen Fahrzeuge im Umkreis von 500 Metern rund um die Unfallstelle, aber auch an die Leitstelle der Feuerwehr. Auf dem Monitor der Autos blinkt sofort der Hinweis „Rettungsgasse bilden“ und später „Rettungswagen kommt“ auf.

„Diese Technologie kann helfen, Auffahrunfälle und Behinderung von Rettungsfahrzeugen zu reduzieren oder ganz zu verhindern“, sagt Ford-Sprecherin Monika Wagener. Nach Untersuchungen des Tüv Süd erhöht sich mit jeder Minute, die Notärzte schneller am Unfallort sind, die Überlebenschance Schwerverletzter um zehn Prozent. Und der ADAC predigt seit Jahren, dass nur jeder zweite Autofahrer überhaupt weiß, wie eine Rettungsgasse gebildet wird.

Ampeln mit Sensoren ausgestattet

Im Test funktionieren die Warnsysteme ohne Komplikationen. Der Rettungswagen ist rasch an der fiktiven Unfallstelle. Der reibungslose Ablauf im Alltag, darauf weisen Vodafone und Ford hin, werde aber erst gelingen, wenn möglichst viele Fahrzeuge auf den Straßen mit der Warntechnik ausgerüstet und miteinander vernetzt sind. Der europaweite Standard E-Call ist seit dem 1. April für Neufahrzeuge verpflichtend, meldet aber nur Unfälle an die nächste Leitstelle. Für die darüber hinausgehenden Warnsysteme müssen auch Ampeln und Notruf-Zentralen entsprechend technisch ausgerüstet werden. Auf der Teststrecke in Düsseldorf ist diese Zukunft schon Realität.

>>>DREI FRAGEN AN VODAFONE-CHEF HANNES AMETSREITER

Ohne sichere Netze funktioniert autonomes Fahren nicht. Mit dem Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter sprach Frank Meßing über Funklöcher.

Hannes Ametsreiter
Hannes Ametsreiter © Funke Services

Herr Ametsreiter, sind autonomes Fahren und Sicherheitssysteme via Mobilfunk angesichts der vielen Funklöcher in Deutschland überhaupt flächendeckend möglich?

Hannes Amtesreiter: Natürlich müssen wir die Netze weiter ausbauen. Dafür investieren wir massiv. Wir schließen alle vier Stunden eine neue Basisstation an. Das Netz ist deutlich dichter geworden. Bis zum Ende des kommenden Jahres soll LTE überall an unseren Autobahnen funken. Natürlich investieren wir dann auch in den Ausbau von 5G. Der Übergang ist fließend. Wichtig ist aber auch zu verstehen, dass für autonomes Fahren eine lückenlose 5G-Abdeckung an jeder Straße nicht erforderlich ist. Denn der Straßenverkehr der Zukunft beruht auf einem Technologiemix, bei dem Sensoren, Kameras und Mobilfunk zusammenspielen. In Deutschland hat es die größten Verbesserungen gegeben.

Hierzulande gibt es aber auch großen Nachholbedarf.

Wir haben das Niveau der Mobilfunk-Stabilität stark verbessert. Aber es gibt auch noch etwas zu tun. Man muss aber auch sagen, dass es in anderen Ländern investitionsfreundlicher zugeht. Wir warten zum Teil bis zu zwei Jahre auf die Genehmigung für eine neue Basisstation. Woanders geht das schneller.

Wann rechnen Sie mit dem Start des autonomen Fahrens über das Parkhaus auf der Teststrecke in Düsseldorf hinaus?

Die Prototypen funktionieren. Ich glaube, dass beispielsweise das autonome Einparken schon relativ zeitnah möglich ist. Die Vorteile liegen auf der Hand. Man spart Zeit, muss nicht die Autotüren in engen Parkboxen öffnen und erspart sich lästige Lackschäden. Der Parkhausbetreiber gewinnt rund 30 Prozent mehr Abstellmöglichkeiten und kann mehr Umsatz auf gleicher Fläche machen.