An Rhein und Ruhr.. Die fünfjährige Nele Klares ist eine Wasserratte, hat das Silber-Abzeichen. Damit kann sie sicherer schwimmen als 59 Prozent der Zehnjährigen.

Wenn Nele Klares ins kühle Nass springt, ist die 5-Jährige in ihrem Element. „Ich liebe Schwimmen“, sagt die Duisburgerin. Nele plantscht nicht nur, sie holt auch ein Abzeichen nach dem anderen. Mit vier Jahren machte sie das Seepferdchen, mit viereinhalb Bronze. Seit ein paar Wochen hat Nele das Silberabzeichen – und trägt es stolz auf ihrem Badeanzug. Einziger Wermutstropfen: „Das Goldabzeichen darf man erst mit neun Jahren machen. Ich muss jetzt vier Jahre warten“, erklärt sie.

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So richtig schlimm findet Nele das nicht, sie geht trotzdem zwei Mal in der Woche zum Schwimmtraining ins Memelbad. „Außerdem sind wir bei gutem Wetter oft am Wolfssee und der Opa nimmt sie häufig mit ins Schwimmbad“, erzählt Mutter Silke Klares. „Wir sind immer schon zum Babyschwimmen gegangen und seitdem bekomme ich sie aus dem Wasser nicht mehr raus“, so Klares.

59 Prozent der Zehnjährigen können nicht schwimmen

Beim Brustschwimmen und Tauchen gleitet die Fünfjährige routiniert durchs Becken. „Rückenschwimmen muss ich noch mehr üben“, sagt das Vorschulkind. In ihrem Kurs ist sie die Jüngste. „Solange es ihr Spaß macht, fördern wir ihr Talent und freuen uns, dass sie so ein tolles Hobby hat“, sagt Silke Klares. „Mir macht es große Sorgen, dass manche Kinder, auch in Neles Umfeld, noch nie im Schwimmbad waren.“

Die fünfjährige Nele Klares ist eine Wasserratte, hat das Silber-Abzeichen.
Die fünfjährige Nele Klares ist eine Wasserratte, hat das Silber-Abzeichen. © Unbekannt | Fabian Strauch

Tatsächlich können bundesweit 59 Prozent der zehnjährigen Kinder nicht sicher schwimmen. „Nicht sicher heißt, sie haben höchstens Seepferdchen“, erklärt Michael Grohe, Sprecher der DLRG-Nordrhein. Das Seepferdchen sei ein wichtiger erster Schritt, Schwimmen beginne aber erst mit dem Bronzeabzeichen. „Es liegt nicht an den Kindern selbst, dass sie nicht mehr schwimmen können“, so der Sprecher. „Die Kinder wollen lernen, sie halten sich vor allem im Sommer gerne am See oder im Freibad auf.“

Wellnesstempel statt Ausbildungsbädern

Die Möglichkeiten seien aber oft nicht mehr gegeben. „Immer noch werden Bäder geschlossen, stattdessen Wellnesstempel, Spaßbäder und Spas eröffnet“, sagt Grohe. So könne viel zu wenig Schwimmunterricht stattfinden, weil die Ausbildungsorte fehlten. Die Vereine müssten so ihre Wasserzeiten extrem straffen. „Wir haben viel mehr Anmeldungen, als wir annehmen können“, so der DLRG-Sprecher.

Der Erhalt von Bädern als Ausbildungsstätte, also mit Sprungturm und tiefem Becken, sei der wichtigste Schritt, um Kindern weiterhin das Schwimmen beibringen zu können. „Schließlich ist das Ertrinken immer noch eine der häufigsten Todesarten bei Kindern“, so Grohe. „Schwimmen lernen rettet Leben.“

Mangel an Sportlehrern mit Rettungsschwimmprüfung

In den Grundschulen, die für Schwimmausbildung hauptsächlich zuständig sind, steht das Fach nur noch selten auf dem Stundenplan. Dazu trägt laut Sebastian Krebs, stellvertretender NRW-Vorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW, der Mangel an qualifizierten Grundschullehrern bei. „Wir haben zu wenig Sportlehrer an den Grundschulen“, sagte Krebs der NRZ. „Und noch weniger, die auch die Rettungsschwimmerprüfung haben.“ Das liege zum einen daran, dass Sport auf Grundschullehramt fast nicht mehr gelehrt werde.

„Außerdem werden Grundschullehrer schlechter bezahlt als Lehrer an weiterführenden Schulen, so dass sie eher dorthin gehen“, so der stellvertretende Vorsitzende. So lange sich das nicht ändere, werde sich auch beim Schwimmunterricht wenig ändern. „Das Schwimmen wurde kaputt gespart“, meint Krebs. Im Ruhrgebiet und am Niederrhein gebe es viel zu wenige Bäder. „Die Klassen müssen weit fahren, um dann eine kurze Zeit im Wasser zu haben“, so Krebs. So könne es nicht gelingen, dass Kinder am Ende der zweiten Klasse schwimmen könnten.

AUCH VIELE ERWACHSENE KÖNNEN NICHT SICHER SCHWIMMEN

Bundesweit sind mehr als die Hälfte (59 Prozent) der zehnjährigen Kinder Nichtschwimmer. Bei den Erwachsenen sind es knapp 50 Prozent. Schon 2005 konnte sich 33 Prozent der Zehnjährigen nicht sicher im Wasser bewegen, 2010 waren es 50 Prozent.

Die Anzahl der abgelegten Schwimmprüfungen geht seit Jahren zurück. Im vergangenen Jahr waren es 214 956 Menschen – 4500 weniger als im Vorjahr. Aufgrund des verregneten Sommers ging in NRW die Zahl der Opfer durch Ertrinken 2017 zurück. Es starben 55 Menschen, davon 18 Jugendliche und Kinder unter 16 Jahren.