Als Anton Sahlender zum ersten Leseranwalt einer deutschen Tageszeitung berufen wurde, hieß der Bundeskanzler noch Gerhard Schröder, der deutsche Fußball-Meister Werder Bremen und in den USA veröffentlichte Ralph Keyes ein Buch, dessen Titel zu einem prägenden Begriff mutierte: The Post-Truth Era, das postfaktische Zeitalter. Ein Buch, bei dem der Name Donald Trump erstmals auf Seite 14 auftaucht! Das war im Jahr 2004.

Als Anton Sahlender zum ersten Leseranwalt einer deutschen Tageszeitung berufen wurde, hieß der Bundeskanzler noch Gerhard Schröder, der deutsche Fußball-Meister Werder Bremen und in den USA veröffentlichte Ralph Keyes ein Buch, dessen Titel zu einem prägenden Begriff mutierte: The Post-Truth Era, das postfaktische Zeitalter. Ein Buch, bei dem der Name Donald Trump erstmals auf Seite 14 auftaucht! Das war im Jahr 2004.

Heute ist Anton Sahlender immer noch Leseranwalt der Main-Post in Würzburg. Inzwischen aber ist er nicht mehr allein. Mehr als ein Dutzend Medien-Ombudsleute sind dazugekommen, quer durch die Republik, zuletzt bei der NRZ, und Sahlender ist nun Vorsitzender des gleichnamigen Vereins (vdmo.de). So verschieden wie die Zeitungen, so verschieden sind die Modelle. Aber eines eint alle, ob sie nun Leseranwalt heißen, Leserbotschafter oder Ombudsrat: Der Auftrag zu Transparenz und Dialog.

Ombudsleute sind unabhängige Garanten dafür, dass sich Zeitungen selbst in Frage stellen.

Diese Offenheit ist keine Folge pfiffigen Marketings, sondern eines tiefgreifenden Wandels, der keineswegs abgeschlossen ist. Die digitale Revolution hat den Menschen nicht nur ein paar schicke neue Kanäle beschert, sondern stetig die Haltung zu klassischen Medien verändert. Es wird sicher noch Gelegenheit sein, auch an dieser Stelle ausführlich die Details zu behandeln. Fürs Erste aber gilt es festzuhalten, dass dieser Wandel den Journalismus auf dem falschen Fuß erwischt hat.

„Haben wir heute richtig gelegen?“ Das war die Leitfrage früherer Tage in Redaktionskonferenzen. War es der richtige Aufmacher, das richtige Kommentarthema, die richtige Meldungsauswahl? „Richtig“ hieß in diesem Sinne auch: Was haben die anderen Zeitungen gemacht? Heute sind „die Anderen“ keine Journalistenkollegen mehr, sondern Facebook & Co und damit jedermann. Und auch sie reklamieren für sich, richtig zu liegen. Und zwar mit demselben Recht wie Zeitungen.

Nur nicht mit demselben Hintergrund. Statt zu wehklagen ist es lange an der Zeit, dass Journalismus herausstellt, erkennbar zu sein und transparent, nachprüfbaren Regeln zu folgen und auf Prinzipien zu beruhen. Aber! Zeitungen müssen auch anerkennen, dass es mehr als eine mögliche Ausgabe gibt, mehr als eine Perspektive auf die Wirklichkeit. Sie müssen sich in Frage stellen wollen. Die NRZ will das.

Der Dialog, der daraus entsteht, kann ein Gewinn für alle sein. Lassen Sie uns drüber reden!