Duisburg. . Ob Pöbeleien oder öffentliches Wasserlassen: Das Duisburger Ordnungsamt hat für 2011 bis 2016 in der Innenstadt nur Vorfälle im einstelligen Bereich dokumentiert – zu wenig, um das im Mai 2017 für die City erlassene Alkoholverbot zu rechtfertigen, meinten die Düsseldorfer Verwaltungsrichter gestern. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vermochten sie daher nicht zu erkennen – und kippten das Alkoholverbot.

Ob Pöbeleien oder öffentliches Wasserlassen: Das Duisburger Ordnungsamt hat für 2011 bis 2016 in der Innenstadt nur Vorfälle im einstelligen Bereich dokumentiert – zu wenig, um das im Mai 2017 für die City erlassene Alkoholverbot zu rechtfertigen, meinten die Düsseldorfer Verwaltungsrichter gestern. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vermochten sie daher nicht zu erkennen – und kippten das Alkoholverbot.

Enttäuschung beim Handel: „Das ist schade, dass die Richter so entschieden haben“, meinte Wilhelm Bommann vom Einzelhandelsverband Niederrhein – und präzisierte: „Schade vor allem für die Besucher, die in Ruhe flanieren wollen.“ Abseits dokumentierter Vorfälle gibt es nach Einschätzung Bommanns eine ganz beträchtliche Dunkelziffer. Die Stadt selbst will in Ruhe das schriftliche Urteil (Az.: 18 K 8955/17) abwarten und hält sich den Gang in die nächste Instanz, also vors Oberverwaltungsgericht Münster, offen.

Wie geht eine Kommune mitihrer Trinkerszene um?

Im Rathaus hält man das Alkoholverbot für einen Erfolg. Eine Untersuchung habe gezeigt, dass Störungen und Belästigungen durch übermäßig alkoholisierte Personen spürbar zurückgegangen seien. „Gleichzeitig konnten Betroffenen durch den Einsatz eines Streetworkers Hilfsangebote vermittelt werden“, heißt es in einer Mitteilung des Presseamtes.

Kritiker indes sehen sich durch das Urteil bestätigt. Sozialverbände und Opposition hatten das Alkoholverbot in Duisburg von Anfang an als „Vertreibungspolitik“ und „Aktionismus“ gebrandmarkt. Hinter dem Streit steht eine alte Frage: Wie soll man als Kommune umgehen mit einer öffentlichen Trinkerszene? Eine Zeit lang sorgte die Einrichtung möglicher „Trinkerräume“ wie seinerzeit in Dortmund für Diskussionen – die Stadt Duisburg griff zu einem auf Teile der Innenstadt begrenzten Alkoholverbot (Bußgeld: 35 Euro). Und stand damit bundesweit, aber eben auch in NRW nicht allein.

Der Düsseldorfer Fachanwalt Jasper Prigge hat das Urteil für eine Klientin erstritten – für eine Diplom-Übersetzerin, ausdrücklich kein Mitglied der Trinkerszene, die sich aber in ihrer persönlichen Freiheit beschnitten sieht und mit Freundin auch mal ein Bier draußen trinken will. Prigge weiß von Alkoholverboten auch in Herne, Bonn, Herford und Recklinghausen. Ein weiteres gibt es schon sehr lange in Gelsenkirchen. Die Alkoholverbote sind teils unterschiedlich gestaltet, weshalb man aus dem erstinstanzlichen Duisburger Urteil nicht automatisch Schlüsse auf andere Kommunen ziehen sollte.

Anwalt Prigge, der auch in Herford eine Klage führt, sieht gleichwohl Parallelen – nicht nur in der Frage der persönlichen Freiheit und in der Verhältnismäßigkeit. Ein generelles Alkoholverbot sei unverhältnismäßig, wenn die Sicherheit und Ordnung genausogut auch so mit Kontrollen und gegebenenfalls der Verhängung von Bußgeldern gewahrt blieben, sagte Prigge der NRZ. Das ist auch in Duisburg der Fall: Störendes Verhalten in Verbindung mit Alkoholkonsum sei auch so schon bei drohendem Bußgeld verboten, erkannten die Düsseldorfer Richter.

„Mit Obdachlosen, Punks oder Jugendlichen treffen solche Alkoholverbote eine Klientel, die sich selten mit Klagen wehrt“, sagte Prigge. Entscheidungen aus der zweiten Gerichtsinstanz gebe es in der Sache in NRW bislang noch nicht, wohl aber aus anderen Bundesländern – etwa aus Berlin-Brandenburg oder Baden-Württemberg. Und auch die sähen solche Alkoholverbote als unverhältnismäßig an.