An Rhein und Ruhr. . Bei Cannabis lockt das große Geld: Der Anbau wird in alten Fabrikhallen, einsamen Bauernhöfen und Wohnkellern hochprofessionell durchgeführt.
Bei dem Anblick müssen den Fahndern die Augen übergegangen sein: 2700 Cannabis-Pflanzen und kiloweise Marihuana wurden im Frühjahr 2016 in einer Halle in Düsseldorf entdeckt. Zu Prozessbeginn gab sich der Angeklagte merkwürdig zugeknöpft. Der 39-Jährige wolle zunächst weder Angaben zur Person noch zur Sache machen, teilte sein Anwalt mit. Das Schweigen quittierte das Gericht „angesichts der Beweislage“ mit Erstaunen – dem Mann droht eine lange Haft.
Der 39-Jährige soll in dem von ihm angemieteten Bau auf dem Gelände des früheren Schlachthofes die professionelle Indoor-Cannabisplantage betrieben haben, die Fahnder damals bei einer Razzia entdeckt hatten. Dem Mann wird auch Drogenhandel vorgeworfen. Neben den Pflanzen stellten die Ermittler damals knapp 90 Kilo Marihuana im Verkaufswert von knapp einer halben Million Euro sicher. Nach dem Auffliegen der Plantage war der Angeklagte zunächst nicht auffindbar. Durch Zufall wurde er entdeckt. Ein Polizist erkannte ihn und verfolgte ihn bis zu seiner Wohnung, wo er festgenommen wurde. Jetzt sind noch drei weitere Verhandlungstage geplant, ehe ein Urteil gesprochen wird.
Equipment und Pflanzgutaus den Niederlanden
Große, illegale Drogenanbauten beschäftigen die Polizei in Nordrhein-Westfalen immer mehr. Mit acht sogenannten Indoor-Profi-Plantagen und 65 Großplantagen haben die Ermittler 2017 deutlich mehr Anbauten stillgelegt als im Vorjahr, berichtet das Landeskriminalamt (LKA). Ab 1000 Pflanzen fällt ein solcher Anbau in die Profi-Kategorie, zwischen 100 und 999 Pflanzen ist die Rede von einer Großplantage.
Früher spürte die NRW-Polizei solche auf gute Heizungen angewiesenen Plantagen verstärkt bei Hubschrauberflügen mit einer Wärmebildkamera auf, heute sind es häufig Hinweise von Anwohnern oder Postboten, die zu den verbotenen Cannabis-Gärtnereien führen. „Solche Plantagen finden sich oft in alten Hallen, Gewächshäusern oder Ställen mit guter Verkehrsanbindung aber wenig Publikumsverkehr“, berichtet eine LKA-Sprecherin. Gleichwohl entdeckten die Beamten immer wieder auch größere Plantagen in Wohnhäusern oder Kellern.
Ermittler haben es mit organsierten Banden zu tun
Pflanzgut und Zubehör kommen nach Feststellungen der Ermittler in der Regel aus den Niederlanden – „auch der Erwerb übers Internet spielt eine Rolle“, so die Behördensprecherin. Die Züchtungen dieser Tage seien mit dem Cannabis der 70er nicht zu vergleichen. Im Blütenmaterial der sichergestellten Pflanzen haben Wissenschaftler zuletzt sehr häufig einen Gehalt von stolzen 15 % des Wirkstoffes THC festgestellt. Der Wirkstoffgehalt hatte über Jahre stetig zugenommen, zuletzt aber nicht mehr so stark.
Bei Anbauten dieser Größe haben es die Ermittler häufig mit organisierten Banden zu tun. Unter den festgenommenen Tatverdächtigen sind laut LKA vorwiegend deutsche, türkische, vietnamesische, aber eben auch niederländische Staatsangehörige. Im Nachbarland nehmen die Behörden illegale Cannabisanbauten seit Jahren verstärkt ins Visier, der Verfolgungsdruck ist groß.
GdP kritisiert Debatte um Legalisierung von Cannabis
Adi Plickert, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), plädiert im NRZ-Gespräch dafür, dass der Druck auch diesseits der Grenze weiter hoch sein muss. Und Plickert kritisiert die politischen Debatten um eine etwaige Legalisierung von Cannabis auch in Deutschland: „Die Gefahr bei solchen Debatten ist groß, dass Täter kein Unrechtsbewusstsein entwickeln.“ Anders als der Bund deutscher Kriminalbeamter lehne die GdP eine Legalisierung ab: „Cannabis ist die Einstiegsdroge.“ Medizinische Studien zeigten ganz eindeutig die Gefahren, gerade für junge Konsumenten.
In Düsseldorf steht derweil schon der nächste Prozess um eine riesige Cannabis-Plantage an, ein Zivilverfahren. Stadtwerke und ein Vermieter streiten um gestohlenen Strom für einen Anbau, der im Jahr 2012 aufgeflogen war. Es geht um eine Rechnung von 64.000 Euro. Die illegale Plantage zählte zu den größten, die bisher in Nordrhein-Westfalen entdeckt wurden. Die Ermittler stellten in einem Gebäude auf zwei Stockwerken insgesamt 3200 Cannabis-Pflanzen, 160 Kilo erntereifer Drogen und dazu verkaufsfertiges Rauschgift im Wert von mehreren Millionen Euro sicher.