Krefeld. . Früh am Nachmittag kann Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert eine gewisse Zufriedenheit nicht verbergen. „Alle Personen, die wir haben wollten“, sagt der Fahnder aus Wuppertal, „befinden sich in unserem Gewahrsam.“ Und dann spricht er von einem „schweren Schlag“ gegen die organisierte Schwarzarbeit in Nordrhein-Westfalen. Bei der bisher größten Razzia in der Geschichte des Landes haben mehr als 1000 Einsatzkräfte des Zolls gestern bei Tagesanbruch 140 Wohnungen und Geschäftsräume in NRW durchsucht. Der Schwerpunkt der Aktion lag nach Informationen dieser Zeitung im Ruhrgebiet.
Früh am Nachmittag kann Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert eine gewisse Zufriedenheit nicht verbergen. „Alle Personen, die wir haben wollten“, sagt der Fahnder aus Wuppertal, „befinden sich in unserem Gewahrsam.“ Und dann spricht er von einem „schweren Schlag“ gegen die organisierte Schwarzarbeit in Nordrhein-Westfalen. Bei der bisher größten Razzia in der Geschichte des Landes haben mehr als 1000 Einsatzkräfte des Zolls gestern bei Tagesanbruch 140 Wohnungen und Geschäftsräume in NRW durchsucht. Der Schwerpunkt der Aktion lag nach Informationen dieser Zeitung im Ruhrgebiet.
Es ist noch dunkel draußen, da schellen die Männer und Frauen vom Zoll überall im Land. In acht Fällen klingeln sie allerdings nicht. Dort stürmen schwer bewaffnete Spezialeinheiten die Wohnungen und nehmen die Bewohner fest. Baumert weiß, dass das ungewöhnlich ist, wenn es um Schwarzarbeit geht, aber nach zwei Jahren intensiver Ermittlungsarbeit kennt er seine Klientel. „Wir haben es hier“, erklärt er am Nachmittag den Einsatz der Spezialkräfte, „mit hochprofessionellen Kriminellen zu tun.“ Da könne man nicht vorsichtig genug sein, findet der Oberstaatsanwalt. Die Schuss- und Stichwaffen, die die Beamten in den Wohnungen finden, zeigen, wie recht er damit hat.
So aber werden acht Verdächtige festgenommen, ohne dass sie Gegenwehr leisten können. Die Polizei hält sie alle für die Köpfe einer Bande, die allein in den vergangenen beiden Jahren Scheinrechnungen für NRW-Baufirmen in Höhe von knapp 50 Millionen Euro geschrieben haben soll.
Heinz Michael Horst, Sprecher der Sonderkommission „Moses“, erklärt, wie die Bande gearbeitet hat. Sie holte regelmäßig Strohmänner aus Osteuropa, die in NRW ganz legal eine Servicefirma gründeten und Konten eröffneten, bevor sie wieder in ihrer Heimat abtauchten. Bei den von ihnen gegründeten Firmen aber konnten Bauunternehmen fortan Rechnungen kaufen.
Dafür überwies – fiktives Beispiel – ein Bauunternehmer etwa 100 000 Euro für Elektroarbeiten, die es nie gegeben hatte, an das Service-Unternehmen. Diskret und leise wurde das Geld dann wenig später bar wieder zurückgegeben – abzüglich einer Provision. Der Bauunternehmer konnte die 100 000 Euro als Betriebsausgaben von seinem Gewinn abziehen und noch dazu mit dem zurückerstatteten Bargeld seine Schwarzarbeiter entlohnen.
Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zählten mehr als 450 Bauunternehmen als „Rechnungskäufer“ zur Kundenliste – darunter Firmen aus Bochum, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Mülheim, Oberhausen, Recklinghausen, Witten und Hagen. Bei 20 „Stammkunden“ stand der Zoll bereits gestern in der Tür. Sie allein sollen Rechnungen für über 20 Millionen Euro bei den Verdächtigen gekauft haben.
Luxuslimousine vor der Tür
Gelohnt hat sich das Geschäft offenbar auch für die Verkäufer. Die acht Hauptverdächtigen, sagt Armin Rolfing, Präsident der Generalzolldirektion, „haben nicht schlecht gelebt.“ Luxuslimousine vor der Tür, gehobene Einrichtung in der Wohnung und stets flüssig. Was die weit über 200 000 Euro Bargeld erklärt, die der Zoll gestern in den Wohnungen sicherstellte. Nun aber dürfte das süße Leben für längere Zeit vorbei sein.