An Rhein und Ruhr. . Die Zahl der Sozialbestattungen ist in NRW seit Jahren hoch. Die Sozialämter prüfen jeden Antrag. Die Bestatter warten oft lange auf ihr Geld.
Wenn ein Mensch stirbt, ist das für Angehörige ein Schicksalsschlag. Doch schon in der Zeit des Trauerns fallen bürokratische Aufgaben an – die Beisetzung muss geplant werden. Was aber, wenn die Hinterbliebenen keine finanziellen Möglichkeiten haben, den Verstorbenen zu bestatten? Bei rund 21 500 Menschen in Deutschland war das laut dem Statistischen Bundesamt im vergangenen Jahr der Fall. Sie mussten dafür Unterstützung vom Sozialamt in Anspruch nehmen.
Insgesamt 60 Millionen kostete das die Kommunen. Deutschlandweit ist diese Zahl seit Jahren gleichbleibend hoch. In NRW entstanden den Kommunen die höchsten Kosten – sie zahlten 16,9 Millionen Euro für 3757 Menschen, deren Angehörigen sich keine Bestattung leisten konnten.
Prüfungsverfahren sind oft langwierig
Die Hinterbliebenen können ein Bestattungsunternehmen ihrer Wahl beauftragen – und für die Kosten einen Antrag beim Sozialamt stellen. „Jeder Fall wird sorgfältig geprüft“, so Volker Wiebels, Sprecher der Stadt Mülheim. 280 000 Euro wandte die Stadt im vergangenen Jahr für Sozialbestattungen auf. „Mit den Bestattern besteht ein fester Vertrag“, erklärt Wiebels. Pro Bestattung gebe es maximal 900 Euro. Wie viel Geld die Kommunen für Bestattungen zahlen, ist sehr unterschiedlich, da sie das selbst festlegen.
Das Verfahren, bei dem geprüft wird, ob die Angehörigen wirklich nicht in der Lage sind, die Kosten zu tragen, ist aufwendig. Verdienst und Vermögen müssen offen gelegt werden. „Das Thema wird für die Mitarbeiter der Sozialämter komplexer aufgrund der sich verändernden Familienstrukturen“, sagt Tim Terhorst, Sprecher der Stadt Emmerich. „Es dauert einfach länger, zu ermitteln, ob und welche Angehörigen es gibt.“ Wenn Angehörige nicht kooperierten, könne es noch länger dauern.
Kommunen steuern unterschiedlich viel Geld dazu
In Emmerich steuert das Sozialamt bis zu 1100 Euro hinzu – jährlich zahlt die Stadt für Sozialbestattungen 13 000 bis 19 000 Euro. Die Tendenz sei steigend, da nicht nur mehr Anträge gestellt, sondern auch, weil Bestattungen immer teurer werden. Von 32 Anträgen seien im Jahr 2017 acht bewilligt worden. „Die Bestattung wird stets in der günstigsten Variante durchgeführt“, erklärt Terhorst. In der Regel sind das Urnenbeisetzungen.
Mehr Geld gibt es im Sterbefall von der Stadt Kamp-Lintfort, die maximal 3000 Euro für eine Sozialbestattung auszahlt. Von 36 Anträgen seien laut Pressesprecherin Jana Sagarski 17 bewilligt worden. „Der Höchstsatz wird längst nicht immer ausgezahlt.“ In Duisburg, das 2017 428 Fälle hatte und dafür insgesamt fast 534 000 Euro bereitstellte, standen pro Bestattung bis zu 3300 Euro zur Verfügung.
Viele Bestatter müssen in Vorkasse gehen
Für Bestatter sind Sozialbestattungen oft deswegen ein Problem, weil sie in Vorkasse gehen müssen. „Wir warten leider in manchen Fällen monatelang auf das Geld vom Sozialamt“, so Wilhelm Hendricks, ein Bestatter aus Kleve. Man müsse schon solide Finanzen haben, um viele Sozialbestattungen durchführen zu können.
Dass das Geld häufig erst nach längerer Zeit fließe, sei nicht nur Schuld der oft überlasteten Ämter. „Angehörige, die nicht ausreichend Auskunft geben oder die benötigten Formulare nicht ausfüllen, sind keine Seltenheit“, meint Hendricks.
Manche Bestatter machen keine Sozialbestattungen
Das bestätigt auch Bestatter Martin Ney. „Wir arbeiten sehr gut mit dem Sozialamt zusammen, trotzdem kann die Rückerstattung im Extremfall bis zu einem Jahr dauern“, so der Emmericher. Längst nicht jeder Bestatter übernehme aufgrund der langen Wartezeiten solche Bestattungen, so Ney. „Wir arbeiten seit einiger Zeit mit einem Inkassobüro zusammen, damit wir unser Geld von denjenigen erhalten, deren Anträge abgelehnt wurden und die dann doch selbst zahlen müssen“, erklärt Ney. Dieses System habe sich bewährt.
Marion Klucken, die in Duisburg und Düsseldorf ein Bestattungshaus führt, sieht es als ihre moralische Pflicht, Sozialbestattungen durchzuführen, auch wenn bei der Rückerstattung oft Geduld gefragt sei. „Das Recht auf eine würdevolle Beisetzung hat jeder“, so die Bestatterin. Auch mit einem Inkassobüro will sie nicht zusammenarbeiten. „Uns ist die persönliche Ansprache und der sensible Umgang nach einem Trauerfall sehr wichtig“, erklärt Klucken.
Zahl der Sozialbestattungen könnte zunehmen
Insgesamt führt das Familienunternehmen in den letzten Jahren mehr Sozialbestattungen durch. Und Klucken glaubt, dass die Zahl in Zukunft noch zunehmen wird. „Viele ältere Menschen hatten noch eine Sterbegeldversicherung, mit der die Kosten für die Beisetzung gedeckt wurden“, erklärt sie. Das lohne sich heute kaum noch aufgrund der niedrigen Zinsen. „Wir merken, dass viele gar kein oder nur wenig Geld für eine Beisetzung zurückgelegt haben. Es ist ihnen oft einfach nicht möglich zu sparen“, so Klucken. Eine Anhebung der Leistungen durch das Sozialamt sei daher in manchen Kommunen sinnvoll.
>>> DAS KOSTET EINE BEISETZUNG IN DEUTSCHLAND
Eine Beisetzung in Deutschland ist im europäischen Vergleich teuer – abhängig von der Bestattungsart können 7000 Euro und mehr fällig werden. Einen großen Teil der Kosten machen die Friedhofsgebühren aus. Dabei unterscheidet man zwischen Beisetzungs- und Grabkosten.
Wer den Verstorbenen in einem Grab mit Grabstein beerdigen will, zahlt deutlich mehr als für ein anonymes Urnengrab, das oft ohne Grabstein auskommt. Zusätzlich fallen Kosten für den Bestatter, für Sarg oder Urne sowie für Blumenschmuck an. Hinzu können Todesanzeige und Trauerfeier kommen.