Essen. Einige Städte in NRW stellen Geld für Pille & Co zur Verfügung. Gladbeck, Recklinghausen und Marl sind Teil eines Projekts von Pro Familia.

In einigen Städten in NRW müssen einkommensschwache Frauen ihre Verhütungsmittel nicht mehr selbst bezahlen. Einige Kommunen haben sogenannte Verhütungsmittelfonds eingerichtet, drei Städte in NRW profitieren von einem Projekt von Pro Familia und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Zum Weltverhütungstag am 26. September fordert Pro Familia erneut einen selbstbestimmten Zugang zur Verhütung – und das deutschlandweit. Bereits 2015 startete der Bundesverband eine Petition im Bundestag. Besonders Mittel zur Langzeitverhütung wie eine Kupferspirale, die bis zu 400 Euro kostet, könnten sich viele Frauen nicht leisten, beklagt Pro Familia.

Recklinghausen, Gladbeck und Marl bei Projekt dabei

Das Sozialamt zahlt keine Verhütungsmittel mehr

  • Grundsätzlich müssen Frauen die Kosten für Verhütungsmittel in Deutschland selbst tragen, wenn sie älter als 20 Jahre sind.
  • Bis 2004 hat das Sozialamt bei Frauen mit geringem Einkommen die Kosten für vom Arzt verschriebene Verhütungsmittel übernommen.
  • Seit der Einführung von Hartz IV gibt es diese Möglichkeit nicht mehr.
  • Jetzt bekommen die Menschen eine Pauschale für "Gesundheitspflege" in Höhe von 17 Euro im Monat. Damit sind allerdings auch alle nicht-verschreibungspflichtigen Medikamente abgedeckt.

„Es kann nicht sein, dass der Zugang zu Verhütungsmitteln eine Postleitzahlen-Lotterie ist“, sagt Dr. Alexandra Ommert. Sie ist Leiterin des Projekts Biko, das Pro Familia Anfang 2017 ins Leben gerufen hat. Biko, das steht für „Beratung, Information und Kostenübernahme bei Verhütung“.

Von diesem Projekt profitieren auch Frauen in Recklinghausen, Gladbeck und Marl, die Sozialleistungen beziehen. Diese drei Städte in NRW wurden neben sechs weiteren Städten und Kreisen für das Projekt ausgewählt. „Frauen verändern ihr Verhütungsverhalten, wenn das Geld knapp ist. Bei der Entscheidung für eine Methode werden die Kosten zum entscheidenden Kriterium – nicht aber die eigentlich wichtigen Faktoren Sicherheit und Verträglichkeit“, so die Projektleiterin.

Das soll sich mit Biko ändern. Das Angebot werde an allen Standorten gut angenommen. „Unsere Beraterinnen vor Ort haben alle Hände voll zu tun“, sagt Ommert. Das bestätigt auch Alesia Knoll, die für die Koordination und Recklinghausen, Gladbeck und Marl zuständig ist. Auch die Zusammenarbeit mit Ärzten und Apotheken laufe problemlos.

Projekt soll Zahlen für eine bundesweite Lösung liefern

Frauen, die in einem der Projektstandorte wohnen und Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Kinderzuschlag, BAföG, Berufsausbildungshilfe, Wohngeld oder Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz beziehen, können mit einem Rezept vom Arzt und dem Leistungsnachweise in die örtlichen Pro Familia Beratungsstelle kommen. Dort wird - wenn die Voraussetzungen erfüllt werden - eine Zusage für die Kostenübernahme ausgestellt. Die Apotheke rechnet dann direkt mit Pro Familia ab.

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Das Projekt läuft bis Ende Juni 2019. Es wird wissenschaftlich begleitet, die Ergebnisse sollen in einem Projektbericht veröffentlicht werden. „Wir wollen Zahlen erheben, wie groß der Bedarf ist und mit den Erfahrungen zu einer bundesweiten Lösung beitragen“, sagt Alexandra Ommert.

Verhütungsmittelfonds werden immer bekannter

Vor Kurzem hat der Kreis Viersen beschlossen, ab 2018 25.000 Euro in einem Verhütungsmittelfonds zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Dortmund unterstützt Frauen, die sich Verhütungsmittel nicht leisten können, schon seit 2012 mit 50.000 Euro jährlich. Um Geld aus diesem Topf zu erhalten, müssen sich die Frauen in einer besonderen sozialen oder finanziellen Notsituation befinden, die gegen eine Schwangerschaft spricht.

Der Verhütungsmittelfonds sei ein effektives Instrument, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern, so eine Sprecherin der Stadt. Das Angebot sei in den letzten Jahren immer bekannter geworden, weil Frauenärzte, gesetzliche Betreuer und Beratungsstellen Frauen darauf hinweisen würden. 2012 wurden in Dortmund 145 Anträge bewilligt, im vergangenen Jahr waren es mehr als doppelt so viele. Drei Viertel der Zuschüsse betrafen Langzeitverhütungsmittel.

Seit 2016 im Märkischen und im Ennepe-Ruhr-Kreis

Einen Verhütungsmittelfonds gibt es seit 2016 auch im Ennepe-Ruhr-Kreis. Im vergangenen Jahr haben 297 Frauen davon profitiert. Der Etat in Höhe 25.000 Euro wurde fast komplett ausgeschöpft. Bis Ende August 2017 hat der Kreis schon über 30.000 Euro für die Verhütungsmittel von einkommensschwachen Frauen gezahlt. Obwohl der Etat damit überschritten wurde, zahlt der Kreis weiter. "Wir suchen jetzt nach Deckungsmöglichkeiten im Haushalt", sagt ein Kreissprecher.

Der Märkische Kreis stellte im Mai 2016 erstmalig 3000 Euro in einem Verhütungsmittelfonds bereit. Bis zum Ende des Jahres profitierten davon zehn Frauen (Kosten: 1540 Euro). Bis zum Mai 2016, also im Zeitraum von insgesamt einem Jahr, unterstützte der Kreis 16 einkommensschwache Frauen mit rund 2800 Euro, teilt ein Sprecher des Kreises mit.