An Rhein und Ruhr. . Veit Alex gehört zu den erfolgreichsten androgynen Models. Eine Visagistin verwandelt ihn. Seine Popularität will er für etwas Gutes nutzen.
Der Essener Veit Alex wurde vor drei Jahren als Model entdeckt. Für das erste Shooting stylte und schminkte ihn die Visagistin überraschend zur Frau um. „Da war ich erstmal total perplex!“. Er ließ sich trotzdem auf die Verwandlung ein – „zum Glück“ – denn heute gehört er zu den erfolgreichsten androgynen Models – er modelte beispielsweise für die italienische Ausgabe der „Vogue“, ein echter Ritterschlag der Branche.
Zudem hat er es, quasi nebenbei, zu einiger Berühmtheit gebracht: Zeitungen und große deutsche Magazine stehen Schlange für Interviews, er dreht für das Fernsehen und hat in den sozialen Medien rund 10 000 Fans. Aber nicht nur das – „ich will die Welt toleranter machen“, sagt Veit Alex. Deshalb engagiert er sich für syrische Flüchtlinge. Und demnächst möchte der 1,86 große Mann, der als Frau auf dem Laufsteg Karriere macht, auch in die Schulen gehen und mit Jugendlichen sprechen – über Vorurteile, Ausgrenzung und Mobbing.
Bei Youtube ist er eine echte Größe
Veit Alex eine schillernde Persönlichkeit zu nennen, wäre fast untertrieben. Er redet schnell, springt von einem Thema zum anderen, so als ob ihm noch gar nicht richtig bewusst ist, wie berühmt er mittlerweile ist. Einige seiner Videos auf Youtube wurden mehr als 100 000 Mal angesehen, das ist auf der Internet-Plattform eine echte Größe: „Da wusste ich, dass sich etwas in meinem Leben verändert hat!“
Er wird immer häufiger als VIP-Gast auf hochkarätige Events eingeladen, beispielsweise auf Promi-Veranstaltungen auf der Fashion Week in Berlin, und auch regelmäßig auf der Straße angesprochen und um ein Foto gebeten. Es kommt auch schon mal vor, dass beim Bäcker um die Ecke hinter seinem Rücken getuschelt wird: „Ist er das oder nicht?“ Da sagt Veit: „Sprecht mich doch an, ich bin genau derselbe Mensch wie vorher.“ Obwohl aus dem Model-Business sei er nämlich nicht arrogant, wie vielleicht manche meinen könnten – und auch nicht schwul. „Ich bin hetero“, betont Veit.
Er möchte gerne etwas gegen dieses „Schubladen-Denken“ tun. Und seine Popularität für etwas Gutes nutzen. „Ich war auch schon in der Schule bei sozialen Projekten immer vorne mit dabei.“ Ihm sei aber damals nicht bewusst gewesen, dass er sich noch mehr für Schwächere einsetzen könne und vor allem: müsse.
Vier Schneider aus Syrien und ihr Schicksal
Im März diesen Jahres erzählten ihm seine Modelkollegin Nina Bauer und sein Friseur Almir Bajrami die Geschichte der vier Brüder, allesamt Schneider aus Syrien: Mit nichts als den Klamotten am Leib vor dem Krieg geflüchtet, versuchten die Al Salims, wie die Brüder heißen, in Herten im Ruhrgebiet ein Modelabel aufzubauen. Nicht einfach im bürokratischen Deutschland, vor allem da nur zwei der Brüder gebrochen Deutsch sprechen.
„Man muss sich mal vorstellen, wie es ist, alles zu verlieren und in einem fremden Land neu anfangen zu müssen.“ Für Veit Alex sei sofort klar gewesen, dass er helfen wolle. Er habe zwar erst Angst gehabt, ob die Syrer ihn so akzeptierten, wie er ist: „Eben ein verrückter Vogel, der sehr westlich geprägt ist.“ Seine Befürchtungen waren aber unnötig – er gehörte vom ersten Moment dazu. „Manche Syrer sind wohl toleranter und integrierter als manche Deutsche.“
Seitdem unterstützen die zwei Models die Al Salims und ihre Modefirma „7 Slim“, wo sie können. „Vor ein paar Wochen haben wir in Düsseldorf die erste kleine Modenschau organisiert und das war ein voller Erfolg!“ Die Al Salims sind sehr dankbar: „Mit so viel Hilfe haben wir gar nicht gerechnet!“, sagt Mahmood Al Salim. Neben der organisatorischen Hilfe führte Veit als eines der Hauptmodels opulente Abendrobe vor.
Eine Aktion gegen Mobbing an Schulen
Ende des Jahres ist bereits die nächste Schau geplant, dafür „opfern“ Veit und Nina viel Zeit und Kraft: Sie organisieren dafür prominente Gäste, Presseleute, Fotografen, Sponsoren, Friseure, Visagisten, Kooperationspartner, Catering und mehr. „Das ist ein echt großer Aufwand.“ Die zwei Models machen das ehrenamtlich.
Doch bei diesem Engagement will Veit es nicht belassen: „Ich möchte gegen Mobbing an Schulen vorgehen.“ Auf die Idee kam er, weil ihm Jugendliche geschrieben haben, über ihre Unsicherheit, oder darüber, dass er ihnen Mut gegeben hat, mit einer neuen Brille in die Schule zu gehen oder sich so zu geben, wie sie wirklich sind. Veit Alex möchte in den Klassen bei den jungen Menschen für Verständnis und Toleranz gegenüber Jugendlichen werben, die eben doch ein bisschen anders als andere sind.
Für sein Projekt sucht Veit Alex Schulsozialarbeiter aus der Region, die bereit sind, mit ihm zusammenzuarbeiten. E-Mail: veitalex@relevee.de
>>> BEGRIFFE ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN
„Androgyn“ bezeichnet alles zwischen Frau und Mann. Androgyn können Männer sein, die weiblich aussehen oder auch Frauen, die männlich wirken.
Als „Dragqueens“ bezeichnet man Männer, die eine „übertriebene“ Frau darstellen mit überladenem Make-up und Styling. Sie erstellen damit eine künstliche Identität.
„Travestiekünstler“ sind Männer, die eine Parodie eines echten Künstlers (beispielsweise Madonna, Cher, Tina Turner) auf der Bühne darstellen.