An Rhein und Ruhr. . Die Gesundheitsämter in der Region melden deutlich steigende Fallzahlen. Das liegt vor allem an der verbesserten Tarnung der Skabies-Milbe.
Viele Jahre war die Krätze kein großes Thema mehr. Doch jetzt kehrt sie zurück, vor allem in Nordrhein-Westfalen. Städte wie Düsseldorf und Duisburg melden laut Gesundheitsämtern zunehmende Fallzahlen. Dafür gibt es mehrere Gründe – doch einer der wichtigsten ist, dass der Parasit seine Tarnung verbessert hat.
Schon der Name Krätze lässt wenig Gutes vermuten. Und tatsächlich: Wenn die Skabiesmilbe sich in der menschlichen Haut eingräbt und dort ihre Eier ablegt, kann sich das Jucken bis zur nervtötenden Unerträglichkeit hochschaukeln.
Nicht umsonst wählte der Volksmund den Ausdruck „Ich glaub, ich krieg die Krätze“ dafür, dass etwas nur sehr schwer zu ertragen ist. Heißt im Klartext: An der Krätze will niemand erkranken und sie auch am liebsten bei niemandem in seiner Umgebung beobachten.
Fallzahlen in Duisburg haben sich vervierfacht
Die Chancen darauf stehen aber leider ziemlich gut, denn die Anzahl der Skabiesfälle nimmt wieder zu. Besonders betroffen sind Düsseldorf und Duisburg. In der Landeshauptstadt kletterten die Zahlen von 37 im Jahr 2015 auf 106 im Folgejahr. Und auch in diesem Jahr wurden bereits elf Fälle gemeldet. In Duisburg stiegen die Zahlen von 2016 im Vergleich zum Vorjahr beinahe um das Vierfache auf 331 Fälle. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, insofern die Krankheit zwar von Institutionen wie etwa Pflege- und Altersheimen, nicht aber von niedergelassenen Ärzten gemeldet werden muss.
Auch in den Kreisen Kleve und Wesel ging es in den vergangenen Jahren aufwärts. Wurden im Kreis Kleve 2015 noch 26 Fälle gemeldet, waren es im vergangenen Jahr 45. Und auch in diesem Jahr gab es bereits sechs Fälle von Krätze im Kreis. Dem Kreis Wesel liegen derzeit keine Zahlen vor. Der Leiter des Fachdienstes Gesundheitswesen, Dr. Martin Binder, stellt dennoch fest: „Die Zahlen sind auch bei uns gestiegen – wenn auch nicht dramatisch.“
„Von Epidemie zu sprechen, wäre überzogen“
Ob die Flüchtlingsbewegungen dazu beigetragen haben, halten Experten für fraglich. Unter den Migranten sei die Skabiesquote zwar etwas höher, doch dafür seien sie im Durchschnitt jünger und immunstärker, sodass die üblichen Kontakte in den Flüchtlingsheimen in der Regel nicht ausreichen, um eine Epidemie loszutreten.
Prof. Manuel Cornely, Dermatologe aus Düsseldorf, relativiert die Zahlen: „Ja, wir behandeln derzeit mehr Fälle. Von einer Epidemie zu sprechen, wäre aber überzogen. Dort, wo Menschen eng beieinander sind, wie in Pflegeheimen oder Kitas, hat es auch in der Vergangenheit immer wieder Skabiesausbrüche gegeben.“ Und dort werde es sie auch weiterhin geben.
Das klinische Erscheinungsbild hat sich geändert
Die Umgebung spielt dabei eine untergeordnete Rolle. „Die Krätze kann man sich auch in einem Fünf-Sterne-Hotel einfangen, in dem man nur von Bankern umgeben ist. Es gibt also keine spezifischen Bevölkerungsgruppen, in denen die Krätze besonders verbreitet wäre“, sagt Cornely.
Nach Angaben des Dermatologen und Lehrbeauftragten der Uni Köln, Bernhard Korge, ist die Diagnose schwieriger geworden, weil sich das klinische Erscheinungsbild verändert hat und einem Ekzem gleichen kann. Mit der Folge, dass es längere Zeit bis zur richtigen Diagnose braucht und der Patient in dieser Zeit andere Menschen anstecken kann.
Skabies lässt sich relativ zügig in den Griff kriegen
„Charakteristisch für Krätze ist der ausgeprägte Juckreiz. Da Juckreiz allgemein durch Wärme gefördert wird, ist auch bei der Krätze das Jucken vor allem nachts durch die Bettwärme besonders stark. Kommt also ein Patient in die Praxis und berichtet von diesen Symptomen, ist der Fall relativ klar“, weiß der Dermatologe.
Wenn Skabies erkannt ist, lässt sie sich relativ zügig in den Griff bekommen. Die klassische Behandlungsmethode erfolgt über eine Salbe, die den Erreger abtötet. Ihr Erfolg steht und fällt aber mit der Gewissenhaftigkeit des Patienten: „Drei Tage lang muss vom Kinn abwärts der gesamte Körper eingesalbt werden. Alle Stoffe mit denen der Patient in Berührung gekommen ist, müssen in die Waschmaschine. In der Nacht sollte man sich in eine dünne Decke einwickeln, morgens wieder alles abwaschen und die Laken bei hoher Temperatur waschen“, rät Prof. Cornely.
Nach drei Wochen sollte der Patient nochmal bei seinem Arzt vorstellig werden. Danach sollte die Krankheit aber endgültig Geschichte sein.