An Rhein und Ruhr. . Der Ausbruch von „Findus“ aus dem Gelsenkirchener Zoo ist nicht der Erste Vorfall in der Region. Experten sind von den Vorkehrungen überzeugt.

Wie konnte so etwas überhaupt passieren? Gibt es da keine Sicherungsmaßnahmen im Zoo? Diese und ähnliche Fragen stellen sich in diesen Tagen wieder viele Menschen in der Region. Luchs „Findus“ war am Wochenende über einen zugefrorenen Wassergraben aus der Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen entkommen. Die Tierpfleger hatten den 2-jährigen Luchs sogar bei seiner Flucht beobachtet, konnten ihn aber nicht mehr stoppen.

Suchmaßnahmen blieben bislang erfolglos

Zehn Mitarbeiter starteten sofort die Suchmaßnahmen, die Feuerwehr setzte eine Drohne ein – bislang allerdings ohne Erfolg. Bereits am Montag kündigte Zoo-Sprecherin Sabine Haas an, die Sicherheitsmaßnahmen noch einmal genau zu überprüfen. Auch in anderen Zoos gab es in den vergangenen Jahren Zwischenfälle, die Zweifel an den Sicherheitsvorkehrungen aufkommen ließen:

Moderne Zoos versuchen meist auf hohe Gitter zu verzichten und zeigen einen Ausschnitt aus dem Lebensraum. Glaubt man den Experten, sinkt die Sicherheit dadurch aber nicht.
Moderne Zoos versuchen meist auf hohe Gitter zu verzichten und zeigen einen Ausschnitt aus dem Lebensraum. Glaubt man den Experten, sinkt die Sicherheit dadurch aber nicht. © Thomas Schmidtke

Im Jahr 2012 tötete ein ausgebrochener Tiger eine Pflegerin im Kölner Zoo. Die Raubkatze konnte durch eine offenstehende Sicherheitsschleuse aus ihrem Gehege entwischen und in ein angrenzendes Wirtschaftsgebäude gelangen. Dort wurde der Tiger mit dem Namen „Altai“ durch mehrere Schüsse mit einem Großkalibergewehr getötet.

Dritter Zwischenfall innerhalb von zwei Jahren

In Duisburg entkam im September 2015 das Orang-Utan-Männchen „Nieas“ aus seinem Gehege. Panisch irrte er draußen herum, ein Mitarbeiter entdeckte den Affen gegen Abend und schlug Alarm. „Nieas“ wurde erschossen, als er über einen Außenzaun klettern wollte. Der Grund: Menschliches Versagen. Ein Pfleger hatte den Schieber der Gehegetür nicht gesichert.

Der aktuellste Zwischenfall ereignete sich im Wuppertaler Zoo. Eine Tierärztin betäubte den Schneeleoparden „Irbis“, der aus seinem Gehege entkommen war. Besucher wurden in Tierhäuser auf dem Gelände gebracht, keine weiteren Menschen in den Park gelassen. Ursache des Zwischenfalls sei menschliches Versagen gewesen, sagt ein Sprecher des Zoos. Eine Tür sei nicht ordnungsgemäß verschlossen worden. Nun also der ausgebüxte Luchs „Findus“ im Gelsenkirchener Zoo.

Trotz ausgefeilter Sicherheitsvorkehrungen kann es immer Tiere geben, die einen Weg finden, aus ihrem Gehege auszubüxen.
Trotz ausgefeilter Sicherheitsvorkehrungen kann es immer Tiere geben, die einen Weg finden, aus ihrem Gehege auszubüxen. © Dominik Göttker

„Wir untersuchen den Zwischenfall intensiv. Das Gehege war nicht nur durch den Wassergraben, sondern auch durch einen Schilfdrahtzaun, Elektrodrähte und einen Kunstfelsen gesichert – trotzdem hat es nicht gereicht“, sagt Zoo-Sprecherin Sabine Haas. Komplette Sicherheit könne aber niemand garantieren.

„Der Wassergraben neben unserem Löwengehege ist sieben Meter breit. Ein Löwe geht normalerweise nicht ins Wasser, genauso wie der Luchs. Außerdem kann er nicht so weit springen. Aber niemand kann garantieren, dass es nicht doch ein Tier gibt, das solche Sicherheitsmaßnahmen überwinden kann“, erklärt die Biologin.

Verband vertraut weiterhin auf Sicherheitsmaßnahmen

Trotz der Vorfälle, vertraut der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) weiter auf die Sicherheitsmaßnahmen. „Totale Sicherheit können wir natürlich nicht garantieren. Dennoch übertreffen alle Zoologischen Gärten im VdZ die behördlich vorgesehenen Sicherheitsstandards“, sagt Sprecherin Linda Dommes. Dass Zoos mittlerweile nicht mehr von hohen Zäunen gesichert würden, habe keinen Einfluss auf die Sicherheit.

„Früher sahen viele Gehege aus wie ein Hochsicherheitstrakt. Heute bemühen wir uns, einen Ausschnitt aus dem Lebensraum des Tiers zu zeigen. Das Beispiel Gelsenkirchen zeigt aber, dass auch mal etwas schiefgehen kann“, erklärt die VdZ-Sprecherin. Ähnliche Stimmen hört man aus den Zoos in der Region.

Zoos arbeiten wollen Mitarbeiter weiter sensibilisieren

„Wir haben uns nach dem Vorfall im vergangenen Jahr hinterfragt und nochmal alle Abläufe auf den Prüfstand gestellt. Es gibt jährliche Unterweisungen für unsere Mitarbeiter – wir tun also alles für die Sicherheit“, versichert ein Sprecher des Wuppertaler Zoos.

Volker Grün, Biologe des Duisburger Zoos ist sicher: „Man kann ohne Bedenken in den Zoo gehen.“ Schaue man sich die Zahlen aus den vergangenen Jahren an, könne man sehen, wie verschwindend gering sie ausfallen. „Wir müssen aus Fehlern lernen, uns immer weiter sensibilisieren. Dennoch ist schon jetzt der Gang in den Zoo deutlich sicherer als eine Fahrt mit dem Auto.“

>>> Der Luchs – Die größte Raubkatze Europas


Nach Bär und Wolf ist der Luchs das größte Raubtier, das in Europa lebt. In Deutschland hat er im Bayerischen Wald, im Pfälzer Wald, im Harz, im Fichtelgebirge und im Spessart eine Heimat gefunden.
Gesichtet wurde er auch in der Sächsischen Schweiz, im Schwarzwald und in der Eifel.
Begegnet man einem Luchs, dann eher aus der Ferne. Die Tiere sind scheu, fliehen meist, wenn sie Menschen hören.
Sollte sich ein Luchs aber doch mal nähern, gilt: „Nicht weglaufen, sondern groß machen, laut werden, in die Hände klatschen“, rät Diplom-Biologin Sabine Haas vom Zoom-Zoo.