An Rhein und Ruhr. . NRW-Umweltminister Remmel fordert, dass kein giftiges PCB in Flüsse eingeleitet wird. Für die RAG bedeutet das Investitionen in Millionenhöhe.
Bis zu 15 000 Tonnen PCB waren bis in die 1980er Jahre hinein im Steinkohlebergbau als Hydraulikflüssigkeit für Maschinen verwandt worden. Weil PCB nicht brennen kann, war es aus Gründen der Arbeitssicherheit hochgeschätzt – da wusste man noch nicht um dessen Giftigkeit.
Experten gehen davon aus, dass der weitaus größte Teil des PCBs noch unter Tage lagert und nachdem ein Gutachten jetzt bestätigt, dass das PCB in – wenn auch sehr geringen Dosen – übers abgepumpte Grubenwasser in Flüsse wie die Lippe gelangt, sieht Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) Bergbaubetreiber RAG in der Pflicht.
Das Unternehmen sei gefordert, die Einleitung durch technische Aufrüstung dauerhaft verhindern, erklärte Remmels Sprecher gestern auf Nachfrage unserer Redaktion. Soll heißen: Aufwändige Filter müssen her, das bedeutet für die RAG Investionen in zweistelliger Millionenhöhe plus jährliche Betriebskosten in Millionenhöhe. Die RAG und das von Garrelt Duin (SPD) geführte Wirtschaftsministerium freilich haben einen ganz anderen Blick auf die Materie.
Gutachter nehmen weitere Bergwerke ins Visier
Welche Gefahr für die Umwelt geht von noch unter Tage befindlichen Giftstoffen aus? Darum geht es – ganz grob – in einem unter Führung der Aachener Gesellschaft Ahu erstellten Gutachten, dessen erster, Teil seit Freitag vorlegt. Die Experten haben dazu die Situation an der früheren Zeche Haus Aden in Bergkamen (Kreis Unna) untersucht. Weitere Bergwerke folgen.
Erstes wichtiges Ergebnis: Die bis 2006 erfolgte Verfüllung alter Stollen mit Industrieabfällen (z. B. mit Filterstäuben) erscheint unproblematisch. Enthaltene Giftstoffe scheinen nach menschlichem Ermessen (und ohne dramatische Erdstöße) auf viele Jahrhunderte gut verschlossen. Und, zweitens: PCB-Rückstände gelangen übers Grubenwasser in Flüsse, können aber durch „Maßnahmen“ reduziert werden.
STichwort PCB
Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind hochgiftige Chlorverbindungen, die bis in die 1980er- Jahre vor allem in Transformatoren, Kondensatoren, in Hydraulikanlagen als Hydraulikflüssigkeit sowie als Weichmacher u. a. in Lacken und Dichtungsmassen verwendet wurden.
Sie gelten als krebserregend, Herstellung und Verwendung sind seit 1989 in Deutschland verboten. 2001 folgte das weltweite Verbot durch die Stockholmer Konvention.
PCB reichert sich in der Umwelt an, es ist kaum abbaubar; erst bei Temperaturen über 1000° C gelingt eine vollständige Verbrennung.
Die RAG will sich das umfängliche Gutachten in Ruhe durchlesen. „Wir gehen aber davon aus, dass sich unsere Erwartungen bestätigen werden“, sagte ein Sprecher. Die RAG glaubt, den „schon jetzt geringen PCB-Austrag durch einen Anstieg des Grubenwassers noch weiter reduzieren zu können“.
In der Tat halten die Gutachter das prinzipiell für möglich. Erleichterung deshalb auch im für Bergbau zuständigen Wirtschaftsministerium, wo man auch darauf setzt, dass ein optimierter Grubenwasserpegel die Belastung verringert. „Aufmerksamkeit ist geboten, das Gutachten zeigt aber auch deutlich: Es besteht keine unmittelbare Gefahr“, betonte ein Sprecher von Minister Duin.
PCB-Austrag soll auf Null gesetzt werden
Allerdings: Nach Ansicht des Umweltministeriums darf es nicht nur darum gehen, den PCB-Austrag bloß zu reduzieren – er müsse auf Null gesetzt werden. Der Sprecher von Johannes Remmel verwies darauf, dass PCB zu den zwölf organischen Giftstoffen („dreckiges Dutzend“), die durch die Stockholmer Konvention weltweit verboten sind: „PCB darf auch nicht in kleinsten Mengen in die Umwelt eingeleitet werden.“
Wasserrechtliche Genehmigungen liegen in der ureigenen Zuständigkeit des Umweltministeriums. Das Remmel-Ministerium will der RAG deshalb die teure Aufrüstung vorschreiben. Es pocht auch darauf, dass das gesamte gesamte Wasserhaltungskonzept des Bergbaubetreibers von einer Umweltverträglichkeitsprüfung und einer einer Öffentlichkeitsbeteiligung begleitet wird.