An Rhein und Ruhr. . Wirte fürchteten vor 10 Jahren ein Kneipensterben. In NRW gilt heute ein striktes Verbot – uneinheitliche Regeln ärgern Gastronomen und Verbände.
Es ist mittlerweile zu einem gewohnten Bild geworden. Ob bei Sonne, Regen oder Schnee – vor den Gaststätten und Kneipen in der Region tummeln sich die Menschen. Es wird geredet, gelacht und hier und da sieht man einen kleinen glühenden Lichtpunkt: Die Glut einer brennenden Zigarette.
Vor rund zehn Jahren war der Aufschrei der Gastronomen groß, als die damalige Bundesregierung im Juli 2007 das Nichtraucherschutzgesetz beschloss. „Die Wirte befürchteten massive Einbußen“, sagt Isabel Hausmann, stellvertretende Geschäftsführerin des Gaststättenverbands Dehoga Nordrhein. Was hat sich in den zehn Jahren durch das Gesetz für die Gastwirte verändert?
Uneinheitliche Regeln in den Bundesländern
Klar ist: Die Regeln zum Rauchen in Gaststätten sind in den 16 Bundesländern nicht einheitlich. Sie sind seit 2007 zwar teilweise weiter verschärft worden, dennoch gibt es noch vielerorts Unterschiede. „In den meisten Bundesländern darf auch weiterhin in Kneipen, die eine Größe von 75 Quadratmetern nicht überschreiten, geraucht werden. Ebenfalls sind Raucherzimmer erlaubt“, erklärt Siegfried Ermer, Bundesvorsitzender des Vereins Pro Rauchfrei.
Anders in NRW: Seit Mai 2013 darf in Kneipen und Restaurants endgültig nicht mehr geraucht werden. Und das ohne Wenn und Aber. „In NRW wird das Nichtraucherschutzgesetz neben Bayern und dem Saarland am konsequentesten durchgesetzt“, erklärt Siegfried Ermer. Dementsprechend unterschiedlich fällt auch die Bilanz auf Landes- und Bundesebene aus.
Zahl der Schankbetriebe in NRW ist gesunken
Umsatzeinbußen durch ausbleibende Raucher hätten sich inzwischen wieder ausgeglichen, beschreibt etwa der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga den Bundestrend. In NRW sieht der Branchenverband hingegen einen der Hauptgründe für das grassierende Kneipensterben. „Die Zahl der Schankbetriebe ist in NRW von 10 178 auf 8461 gesunken. Sicher sind die strengen Gesetze nicht der Kernpunkt. Verschlechtert hat sich die Lage der Gastronomen dadurch aber schon“, erklärt Hausmann.
Viele Gastronomen hätten in Raucherräume investiert und ihre Gaststätten umgebaut, was mit dem strikten Rauchverbot 2013 hinfällig geworden sei. Die Dehoga-Sprecherin weiß: „Gruppen mit rauchenden Freunden treffen sich lieber Zuhause und trinken dort ihr Bier, wo sie auch rauchen können. Vor allem kleine Kneipen sind davon betroffen.“
Mehr Jugendliche „Nie-Raucher“ als je zuvor
Die Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung in NRW nennt die positiven Effekte: „Vor allem ist die Luft in Gaststätten viel besser geworden. Das bestätigen sogar die Raucher“, sagt Dr. Hans-Jürgen Hallmann. „Außerdem ist das Gesetz einer der vielen Bausteine, die heute dafür sorgen, dass wir mehr jugendliche ‘Nie-Raucher’ haben als je zuvor.“
Der Mülheimer Gastronom Tomislav Pulic, Chef der Kneipe „Zum schrägen Eck“, zieht nach fast zehn Jahren Rauchverbot eine eher negative Bilanz. „Das Gesetz hat bei uns vor allem Theater und Kopfschmerzen verursacht“, meint Pulic. Vor allem der zu vermeidende Ärger in der Nachbarschaft stört den Gastronom.
Einzige Alternative für Raucher sind E-Zigaretten
„Wir hätten einen passenden Raum zur Verfügung, der ruhig, gut belüftet und warm ist. Stattdessen müssen unsere Gäste raus zum Rauchen. Da entsteht dann natürlich schnell mal Lärm, der wiederum die Anwohner stört.“ Zu einem Einbruch in den Gästezahlen hat das Gesetz aber nicht geführt. „Heute muss man den Leuten etwas bieten. Ein einfaches Bier am Tresen reicht nicht mehr. Deswegen veranstalten wir Billardturniere, Dart- und Knobelabende, um vor allem auch Jugendliche in unsere Kneipe zu ziehen – und das funktioniert bislang auch ziemlich gut.“
E-Zigaretten dürfen in nordrhein-westfälischen Gaststätten trotzdem noch gedampft werden – so das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster aus dem Jahr 2014. Das Gericht begründete das Urteil damit, dass der Dampf der E-Zigaretten nicht mit dem Qualm von herkömmlichen Zigaretten vergleichbar sei.