Uedem. . In einer Traditionsbäckerei am Niederrhein entsteht Weihnachtsgebäck, das auch Allergikern schmeckt. Ein Besuch. Und ein Rezept für unsere Leser.
Dunkel ist es in der Bäckerei Spiegelhoff am Weberplatz in Uedem. Die Türen sind verschlossen. Montags ist Ruhetag. Aber nur im Verkaufsraum. Direkt dahinter, in der Backstube, wird fleißig geknetet, gerührt und gebacken. In der Weihnachtszeit ist der Montag Spekulatius-Tag. Bäckermeister Karl-Heinz Spiegelhoff und sein Geselle Michael Herold haben eigentlich montags frei, in der Weihnachtszeit aber gelten andere Bäckergesetze.
„Der Spekulatius ist zwar nicht besonders schwer zu machen, aber wegen der kurzen Backzeit und der vielen Bleche, die wir ausbacken müssen, erfordert er viel Aufmerksamkeit“, sagt Spiegelhoff und haut schon wieder kräftig auf den nächsten Teigklumpen ein. Mit dem Teig möchte man nicht tauschen. Spiegelhoff ist ein Mann wie ein Baum, fast zwei Meter groß und Hände so groß wie Brotschieber. Seit 1988 hat er den Meisterbrief, seit 2012 führt er die Bäckerei, die sein Großvater Heinrich 1914 einst gründete und die sein Vater Herbert 1960 übernahm. Die Bäckerei der Spiegelhoffs ist Uedemer Tradition.
Erfahrung aus der Bio-Bäckerei
Ehe Karl-Heinz Spiegelhoff die Familientradition fortführte, war er einige Jahre bei einem Biobäcker beschäftigt, tüftelte an neuen Rezepten und Produkten, die er auch heute noch immer gerne backt. So sind viele seiner Plätzchen auch für Allergiker verträglich. „Viele Menschen haben heutzutage eine Weizenunverträglichkeit. Darauf muss man sich als Bäcker einstellen“, sagt der 51-Jährige. Auch die Spekulatius gehören dazu, die sind sogar vegan. Auch die Lebkuchen bei Spiegelhoff sind mit Dinkelmehl gebacken, ebenso die Printen und Weckmänner.
Den Teig für die Montagskekse hat Spiegelhoff schon am Samstag angesetzt. Das ist besser für den Geschmack, weil die Gewürze und der Zucker sich dann schöner verbinden und das Mehl ein wenig quellen kann. „Es ist wie mit allem in der Bäckerei, es braucht seine Zeit“, sagt Spiegelhoff, den wohl ohnehin nichts aus der nötigen Ruhe bringen könnte. Erst zu Sankt Martin „öffnet“ er seine Weinachtsbäckerei: „Andere fangen ja schon in den Sommerferien an, aber da machen wir nicht mit.“ 20 Kilo Teig durften sich gleich zwei Nächte ausruhen, jetzt geht es ihnen an den Kragen.
Nach der kleinen Tracht Prügel schneidet der Bäckermeister den kantigen Klumpen in Scheiben und gibt sie in eine Maschine, die aussieht wie aus einer anderen Zeit. „Aus den 70ern“, sagt Spiegelhoff und lacht, „wenn man sie ein bisschen pflegt, ist sie nicht kaputtzukriegen.“ Früher habe er als Kind seinem Vater in der Backstube geholfen. Da musste alles noch von Hand gemacht werden und der Geselle stundenlang eine Kurbel drehen, um genügend Kekse produzieren zu können. Hoch lebe die Ingenieurskunst der 70er. Während sich das Rad mit den Keksstempeln ratternd dreht, schiebt sich das schmale Blech nach vorn und der Reihe nach purzeln 30 Spekulatius darauf. Geselle Michael Herold muss nur beim ein oder anderen ein bisschen nacharbeiten.
Dann wandern die Bleche in den Ofen und ein wohliger, süßer Weihnachtsduft erfüllt die Backstube. Im Akkord wandern die Bleche in den riesigen Ofen und nur Minuten später auch schon wieder hinaus. Im Hintergrund rattern die 70er Jahre vor sich hin und aus 20 Kilo Teig werden in etwas mehr als einer Stunde rund 1100 Spekulatius. Bäckermeister Spiegelhoff selbst isst sie übrigens am liebsten nach niederrheinischer Tradition auf einem guten Stück Schwarzbrot mit ordentlich Butter darauf.
>> Bäcker Spiegelhoff verrät sein Spekulatius-Rezept
Zutaten: 300g Margarine, 600g Rohrzucker, 10g Salz, 20g Spekulatiusgewürz, 25g Orangenschalen (ungespritzt), 100g Wasser, 500g Dinkelmehl, 500g Dinkelvollkornmehl, 5g Hirschhornsalz/ABC-Trieb
Zubereitung: Margarine und Rohrzucker miteinander verkneten, bis keine Klümpchen mehr zu sehen sind. Salz, Gewürz und Orangenschalen unterkneten. Wasser unterrühren, erst dann Mehl hinzugeben und den ABC-Trieb auf das Mehl sieben. Kurz kneten bis alles mit einander verbunden ist. Nicht überkneten, sonst wird der Teig brandig. Teig in Folie über Nacht oder länger im Kühlschrank lagern. Vor dem Verarbeiten erneut kurz kneten und 3-4mm dünn ausrollen. Plätzchen auf eingefettetes Blech legen und bei Umluft ca. 170 Grad ca. 11 Minuten backen. Die Spekulatius in einer Blechdose lagern, dann ziehen die Gewürze gut durch.