Emmerich. . Emmericher Unternehmer haben sich zusammengetan, um Flüchtlingen mit Qualifizierungen und Praktika einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Die Emmericher Societät, das ist so etwas wie der Inbegriff der Bürgerlichkeit. Anfang des 19. Jahrhunderts gegründet, dienten der Verein und sein Vereinshaus seit jeher der Vernetzung insbesondere des Unternehmertums der Stadt. Dass es die Societät gibt, ist ein Glück für Omid Haidari, der aus Afghanistan stammt, denn ohne die Societät stünde er an diesem Novembertag nicht in der Lehrwerkstatt der Probat-Werke und hätte wohl auch keine wirklichen Job-Aussichten.
Rückblick: Jahresanfang 2016, es gibt kein anderes Thema als die Flüchtlingskrise. Die Deutschen fragen sich: „Schaffen wir das?“, Populisten sind im Aufwind. In der Societät findet ein Unternehmerfrühstück statt. Wim Abbing erinnert sich: „Mir ging die gesellschaftliche Stimmungslage auf die Nerven.“ Also fragten sie sich in der Societät: „Was können wir tun?“
Am Anfang standen Sprachkurse für die Flüchtlinge
Wim Abbing ist Geschäftsführer der Probat-Werke, einem, wie es heute heißt, „Hidden Champion“. Probat baut Kaffee-Röstmaschinen, ist Weltmarktführer. Mit am Tisch saßen auch Bastian Fassin, Geschäftsführer von Katjes, und andere Emmericher Unternehmer. Vertreter der deutschen Gießdraht, der Convent Spedition, von Kao, einem Chemieunternehmen. Sie beschlossen, aktiv zu werden, anzupacken, dabei zu helfen, Flüchtlinge zu integrieren. Ohne großes Tamtam darum zu machen.
Am Anfang waren die Behörden eingebunden, das Arbeitsamt. Nicht einfach, weil die Bürokratie nicht einfach ist. „Man verstrickt sich im Dschungel der Möglichkeiten“, sagt Abbing. Also gingen sie selbst voran. Noch im Januar starteten die Emmericher Unternehmer mit Sprachkursen für jeweils zwei bis vier Flüchtlinge. „Wir haben Aufrufe in der Belegschaft gestartet, es gab überall große Resonanz. Viele haben sich als Lehrer zur Verfügung gestellt“, erinnert sich Abben.
Nach den Sprachkursen boten sie berufsorientierende Praktika an, für jeweils drei Monate, danach ein Jahrespraktikum. Perspektive: eine richtige Ausbildung.
Omid Haidari hat die Chance genutzt. Der 23-Jährige ist Ende 2014 nach Deutschland gekommen, er stammt aus Kapisa nördlich der afghanischen Hauptstadt Kabul, hat dort eine zeitlang als Dolmetscher für die Amerikaner gearbeitet. Wer das getan hat, ist heute in Lebensgefahr, die Taliban gewinnen immer mehr an Boden. Für sie sind Leute wie Omid Haidari Kollaborateure. Eineinhalb Jahre dauerte Omids Flucht, eine Odyssee über den Iran, die Türkei, Griechenland, fast ein Jahr saß er in einem türkischen Gefängnis.
Jetzt lebt Omid in einem kleinen Flüchtlingsheim in Emmerich mit sechs anderen Flüchtlingen. Zu zweit auf einem Zimmer. „Arbeit ist eine gute Möglichkeit, dort raus zu kommen“, sagt er in passablem Deutsch.
Seit Anfang Oktober macht Omid Haidari sein einjähriges Qualifizierungspraktikum, inklusive einem Tag Berufsschule pro Woche. Neben ihm sind zwei andere Flüchtlinge in dem Netzwerk im Qualifizierungspraktikum, insgesamt zwölf haben das dreimonatige Praktikum absolviert. Es läuft nicht immer reibungslos. „Es gab Abbrüche, zum Teil nicht nachvollziehbar“, sagt Abbing. Mit Omid sind sie zufrieden. Er ist es auch.
Sie machen auf jeden Fall weiter. „Es gibt eine gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen“, sagt Abbing. Ihr Kreis wird größer. Jetzt sind schon zwölf Unternehmen dabei.