Köln/Düsseldorf. .

Elf Monate nach den Silvesterübergriffen in Köln und anderen nordrhein-westfälischen Großstädten sind nur wenige Täter ermittelt und verurteilt worden. Die meisten Verfahren wurden inzwischen eingestellt, wie aus einer Antwort von Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf eine FDP-Anfrage hervorgeht. Tatsächlich in Haft schickten die Richter kaum jemanden: Die wenigen, bislang verhängten Freiheitsstrafen wurden in der Regel zur Bewährung ausgesetzt, es gab auch Geldstrafen und Arbeitsstunden.

Blickpunkt Köln: In der Domstadt sind bisher gegen lediglich sechs der sexuellen Nötigung beschuldigte Männer Urteile ergangen. Dabei gab es dort 509 Anzeigen wegen „sexuell motivierter Taten“ und insgesamt 1205 Strafanzeigen (darunter auch viele wegen Diebstählen). In 369 Ermittlungen gegen Sextäter konnte kein Verdächtiger ermittelt werden. 83 Beschuldigte sind den Behörden bekannt. Eingestellt wurden die Verfahren gegen 52 namentlich bekannte Beschuldigte, denen „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ oder „Beleidigungen auf sexueller Basis“ zur Last gelegt wurden. Gegen 49 von ihnen gab es keinen hinreichenden Tatverdacht, von drei Beschuldigten war der Aufenthaltsort nicht zu ermitteln.

Vage Personenbeschreibungen

In Bielefeld wurden fünf Anzeigen wegen sexueller Übergriffe erstattet, Täter wurden nicht ermittelt. In Dortmund gab es fünf Ermittlungen wegen Sexualdelikten. Dort wurden zwei Täter zu geringen Strafen verurteilt, zwei konnten nicht ermittelt, einem konnte die Tat nicht nachgewiesen werden. In Düsseldorf wurden 103 Anzeigen wegen Sexualdelikten gezählt. Nur sechs der Täter sind namentlich bekannt. 62 Verfahren wurden eingestellt, weil kein Verdächtiger ermittelt werden konnte. Insgesamt hatten es die Ermittler in der Landeshauptstadt mit 296 Strafanzeigen zu tun (auch dort hatte es viele Diebstähle gegeben).

Adi Plickert, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), zeigte sich auf NRZ-Nachfrage von den Zahlen nicht überrascht: „Der Rechtsstaat ist so – am Ende des Tages muss man eindeutig belegen können, dieser oder jener Täter ist es gewesen.“ Sonst gebe es keine Verurteilung. „In diesem Fall aber war die Beweisführung von Anfang an besonders schwierig“, so Plickert. Die Kollegen hätten in akribischer Arbeit über 1000 Stunden Videomaterial aus Überwachungskameras gesichtet, um – auch im Getümmel – Personen und Sachverhalte zu identifizieren. Weil Anzeigen teils auch erst nach Wochen eingegangen sind, seien Personenbeschreibungen mitunter vage gewesen.