An Rhein und Ruhr. .

Hinter dem nüchternen Titel „Änderung der Kölner Stadtordnung, Vorlagen-Nummer 3152/2016“ versteckt sich ein Antrag, der Kölner Bierfreunde schäumen lässt. Die Verwaltung schlägt vor, in der novellierten Stadtordnung Bierbannmeilen um Schulen und Kindergärten einzurichten. Im Umkreis von 100 Metern dürften, wenn der Rat am 17. November zustimmt, kein Alkohol und keine Drogen konsumiert werden. Das ruft Kämpfer für das Wegbier auf den Plan.

Innenstadt könnte „totberuhigt“ werden

Lino Hammer sitzt für die Grünen im Kölner Rat und sorgt sich um das gesellschaftliche Leben in der Stadt. „Das Wegbier ist ein Stückchen Kölner Kulturgut geworden“, sagt der 29-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. „Bei den Studierenden, die hier rumlaufen, gehört das zum guten Ton. Und nicht jeder kann es sich erlauben, sein Bier in der Kneipe zu trinken.“

Doch genau das ist die Alternative, mit der Inge Schürmann, Leiterin der städtischen Pressestelle, im Kölner Stadtanzeiger zitiert wird. Jeder könne „sein Bier auch in der Kneipe trinken“. Und überhaupt begehe man zwar eine Ordnungswidrigkeit, wenn man mit einem Bier eine der geplanten Sperrzonen betrete, doch das Ordnungsamt werde angewiesen, „mit Augenmaß zu handeln“.

Auch Ruhr-Kommunen prüfen Alkoholverbote

Hammer kritisiert, dass die Verwaltung den Kinder- und Jugendschutz anführt, um die Änderungen zu begründen. „Über den Kinder- und Jugendschutz kann man diskutieren“, sagt Hammer. „Aber wenn man das ernst meint, dann muss man den Bannkreis vergrößern, auch um sämtliche Spielplätze, muss Zigaretten verbieten, Werbung für Tabak und Alkohol auch. Dann unterhalten wir uns über Jugendschutz. Aber so ist das nur ein vorgeschobenes Argument.“

Das Ratsmitglied fürchtet, dass das Ordnungsamt künftig rund um die Uhr Menschen mit einem Bier in der Hand aus den Bannmeilen vertreiben wird, ohne dass die Personen überhaupt laut oder störend gewesen wären. „Am Ende steht das, was man in Provinzdörfern sehen kann, da sind die Innenstädte totberuhigt“, warnt Hammer.

Dass es gerade in der Altstadt und rund um belebte Plätze in Köln oft zu Ruhestörungen kommt, möchte der 29-Jährige gar nicht ausblenden. „Es gibt Verfehlungen, was zum Beispiel Junggesellinnenabschiede oder grölende Fußballfans angeht“, sagt Hammer. Das sei für Anwohner eine Belastung. „Aber auf dem Weg des allgemeinen Verbots bestraft man auch die mit, die wissen, wie man Alkohol in der Öffentlichkeit richtig konsumiert. Und das ist der allergrößte Teil.“

Auch einige Ruhrgebietsstädte wollen lokale Alkoholverbote durchsetzen. Nach einem Beschluss des Duisburger Rates prüft das dortige Rechtsamt nun, wie die Innenstadt trockengelegt werden kann – wohl aber nur außerhalb von Veranstaltungen, bei denen die Stadttochter Duisburg Kontor die Einkaufsstraße mit Bierbuden bestücken lässt oder gleich 50 Winzer zum Weinfest einlädt.

In Essen dachte die Politik darüber nach, mit einem Alkoholverbot die Trinkerszene vom Willy-Brandt-Platz direkt zwischen Hauptbahnhof und dem Eingang zur Innenstadt zu vertreiben. Doch man fürchtet, ein Gericht könnte das Verbot wieder kippen.

Denn grundsätzlich ist Alkoholgenuss im Grundgesetz durch die allgemeine Handlungsfreiheit geschützt, Eingriffe müssen „besonders gerechtfertigt und verhältnismäßig sein“, schrieb das NRW-Innenministerium in seinem Jahresbericht 2014. In Herne hat man deshalb eine ordnungsbehördliche Verordnung beschlossen, die nicht so weit geht, den Alkoholkonsum grundsätzlich zu verbieten. Er ist nur dann verboten, „wenn hierdurch öffentliche Einrichtungen wie Ruhebänke, Grünanlagen, Spieleinrichtungen und Einrichtungen des ÖPNV dem Gemeingebrauch und damit ihrer Zweckbestimmung entzogen werden“. Das Wegbier ist hier also nicht in Gefahr.