Düsseldorf/Essen..
Die landeseigene Stiftung „Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung“ (ZfTI) in Essen gerät derzeit heftig unter Beschuss. Am Donnerstag rügte der Landesrechnungshof die finanzielle Schieflage des Instituts und attestierte ihm eine miserable Haushaltsführung. Zudem wurde bekannt, dass Geschäftsführer Andreas Goldberg einen falschen Doktortitel führen soll, er wurde vom Instituts-Vorstand von der Arbeit freigestellt.
Die Düsseldorfer Rechnungsprüfer erhoben schwere Vorwürfe gegen die bekannte Forschungseinrichtung, die 1985 als Modellprojekt gegründet und 2001 in eine Landesstiftung umgewandelt wurde. Trotz mehrfacher Hilfszuwendungen durch Land und Bezirksregierung sei die Einrichtung mit fast einer Million Euro verschuldet. In den vergangenen Jahren sei ein Teil des Stiftungsvermögens aufgezehrt und Personal mit Krediten bezahlt worden, kritisierte die Präsidentin des Landesrechnungshofes, Brigitte Mandt.
Vorstand zieht die Reißleine
So tauchten in den Wirtschaftsplänen der Jahre 2011 bis 2013 Einnahme-Erwartungen auf, die danach überhaupt nicht erzielt wurden, so der Rechnungshof. Demnach ging das ZfTI von Einnahmen durch Projekte in Höhe von rund 700 000 Euro aus. Erwirtschaftet wurde in diesen Projekten aber kein Cent. Erwarteten Spendeneinnahmen von 30 000 Euro standen Zuwendungen von nur 4800 Euro gegenüber. Der Landesrechnungshof forderte die Stiftung auf, ein Entschuldungs-, Kapitalerhaltungs- und Personalkonzept vorzulegen.
Zugleich verliert das krisengeschüttelte Institut durch die Promotionsaffäre um Andreas Goldberg auch seinen Geschäftsführer. Es besteht der Verdacht, dass Goldberg eine Ehrendoktor-Würde offiziell wie einen akademischen Titel trug. Zu dem „Diplom für Ehrendoktor“ der Süleyman Demirel-Universität Isparta kam es im Jahr 2003. Eine Zeit, als der umtriebige und medienpräsente Direktor Faruk Sen das Institut leitete. Ein Mann, der neben seiner Leitungstätigkeit in dubiose Geschäfte verwickelt gewesen sein soll und 2008 suspendiert wurde, weil er die Lage der Türken in Deutschland mit der Judenverfolgung unter den Nazis verglichen hatte.
Vorstandsvorsitzender im Jahr 2003 war Professor Dr. Enno Vocke, der damalige Hochtief-Chef. Ein Foto zeigt den Top-Manager bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde mit Andreas Goldberg in Isparta. Die Verleihungsurkunde erwähnt nicht nur seinen Geschäftsführer-Posten in Essen, sondern auch die Lehrtätigkeit an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
In einer Stellungnahme des NRW-Wissenschaftsministeriums heißt es, eine Ehrendoktorwürde dürfe nie in der Form „Dr.“ geführt werden.
Ferner werde Goldberg aufgefordert, Nachweise zu erbringen, dass ihm der von ihm geführte Grad tatsächlich verliehen wurde. „Wenn sich herausstellt, dass er den Grad zu Unrecht führt, fordern wir ihn auf, das einzustellen“, fügte eine Ministeriumssprecherin unmissverständlich hinzu.
Die Reißleine zieht Donnerstagmorgen schließlich der ZfTI-Vorstand mit Wolfram Kuschke an der Spitze. Der ehemalige Staatsminister und Chef der NRW-Staatskanzlei unter Johannes Rau verfügte in Absprache mit den anderen Vorstandsmitgliedern – darunter Essens OB Thomas Kufen – die Freistellung des Geschäftsführers.