Essen. . 2017 endet die Schonfrist für ältere Daddelbuden. Die Betreiber müssen Abstand zueinander einhalten und sich kleiner setzen. Sie kündigen ihren Widerstand an

  • Im kommenden Jahr endet die Schonfrist für ältere Daddelbuden in NRW
  • Die Betreiber müssen dann Abstand zueinander einhalten und sich kleiner setzen
  • Viele sehen ihre Existenzgrundlage gefährdet und kündigen ihren Widerstand an

Ganze Straßenzüge voller Spielhallen und Daddelbuden im Großformat sollen ab dem kommenden Jahr aus den Kommunen in NRW verschwinden. 2017 endet die fünfjährige Schonfrist für ältere Spielhallen, die der Gesetzgeber Betreibern im Glücksspielstaatsvertrag eingeräumt hat. Die Automaten-Hallen dürfen nicht mehr zu nah beieinander stehen, Großbetriebe sind nicht länger erlaubt.

Der Branchenverband warnt angesichts der Gesetzesverschärfung vor einem regelrechten Spielhallensterben. Rathäuser müssen sich indes auf Antragsfluten und Klagen abgelehnter Betreiber einstellen. Suchtberatern gehen die Verbote dennoch nicht weit genug.

An Spielhallen scheiden sich besonders in gebeutelten Stadtzentren die Geister: Für Hausbesitzer sind sie solvente Mieter, für Händler Sinnbilder des Niedergangs, für Städte Steuerzahler und Ärgernis. Bisher können die Rathäuser vor allem baurechtlich gegen Daddelbuden vorgehen und Viertel für Ansiedlungen sperren. Vorgaben aber, nach denen nur zwölf Automaten pro Betrieb erlaubt sind, wissen Unternehmer zu umgehen: Sie führen Großhallen mit räumlich getrennten Automateninseln.

„Casino“ im Namen bald verboten

Solche Mehrfachkonzessionen sind seit Ende 2012 verboten. Auch müssen Spielstätten 350 Meter Luftlinie voneinander und zur nächsten Schule oder Kita entfernt sein. Den Begriff „Casino“ darf eine private Daddelstätte nicht mehr im Namen tragen. So soll die seit 2004 steigende Anzahl neuer Spielhallen eingedämmt, sollen Süchtige besser geschützt werden.

Für ältere Daddelbuden gilt eine Übergangsfrist, die am 30. November 2017 endet. Genehmigungen, die vor dem 28. Oktober 2011 erstellt wurden, erlöschen – jeder einzelne Betrieb muss neu beantragt und vom Rathaus nach den schärferen Vorgaben geprüft werden.

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    Unternehmer sind schon jetzt nervös, wie Michael Eulgem vom NRW-Automatenverband sagt: „Bis zu 80 Prozent der Spielhallen in NRW werden diese Erlaubnis nicht bekommen.“ Weil Spielhallen auch bisher nicht überall eröffnet werden durften, stünden sie oft zu nah beieinander. Eulgem warnt vor möglichen wirtschaftlichen Folgen, etwa dem Verlust von bis zu 10 000 Arbeitsplätzen und von Steuereinnahmen. Die Branche wolle gegen Verbote kämpfen: „Betreiber werden klagen, auf die Städte kommt einiges zu.“ Die ersten fünf Beschwerden gegen den Glücksspielstaatsvertrag liegen am Bundesverfassungsgericht vor.

    Um mehr Rechtssicherheit für die Kommunen zu haben, fordert der Städte- und Gemeindebund NRW vom Gesetzgeber klarere Vorgaben. Ein im Mai veröffentlichter Erlass sei nachbesserungswürdig: „Die Kommunen brauchen eine bessere Handreichung, wie sie mit einer Pattsituation umgehen sollen“, so eine Sprecherin. Welche von zwei benachbarten Spielhallen ist zu schließen? „In Berlin etwa kann in vergleichbaren Fällen per Los entschieden werden, für NRW haben wir da noch keine eindeutige Lösung.“

    Sperren für Spielsüchtige gefordert

    Die Diplompädagogin Ilona Füchtenschnieder warnt indes, zum Schutz der Spielsüchtigen dürften Spielhallenbetreibern nicht zu viele Ausnahmen eingeräumt werden. Laut Innenministerium darf in besonderen Härtefälle ein Geschäft bestehen, auch wenn es gegen die neuen Vorgaben verstößt. „60 bis 80 Prozent der Erträge erwirtschaften die Spielhallen unserer Recherchen nach mit Menschen, die glücksspielsüchtig sind“, sagt die Leiterin der NRW-Koordination Glücksspielsucht. „Das muss viel mehr reguliert werden.“ Sie fordert sogenannte Spielsperren: In Hessen etwa können sich Spielsüchtige selbstständig für eine Spielhalle sperren lassen. „In kurzer Zeit haben das 12 900 Menschen getan.“