Kreis Wesel. . Familie Boßerhoff in Voerde genießt ihr Grün und lässt der Natur, wo es geht, ihren Lauf. Vielfalt ist Trumpf. Zahlreiche Pflanzen und Tierarten haben ihren Platz dort.
Bei Kartoffeln und Möhren hat Frank Boßerhoff eingesehen, dass Möhrenfliege und Wühlmaus am längeren Hebel sitzen. Fliege und Maus hatten sich an Pflanzen und Feldfrüchten schon gütlich getan, ehe aus Menschensicht an Ernte auch nur zu denken war. Boßerhoff blieb ganz entspannt. „Dann ist das eben so“, meint der 47-Jährige. Punkt.
Kartoffeln und Möhren pflanzt Boßerhoff bei sich in Voerde also nicht mehr an („beides bekomme ich in genauso guter Qualität im Bioladen“). Die Alternative wäre gewesen: Gift! Aber das kommt bei Boßerhoffs in Voerde nicht in den Garten. Das weitläufige Grün hinterm Haus ist ein kleines Naturparadies. Gemüsebeete, Obstbäume und -Sträucher, Rasen, Reisighecken, Teich – alles da.
Dieser Garten ist ein Lebensraum – zuvorderst für Familie Boßerhoff mit ihren Kindern. „Wir feiern hier und wir entspannen. Und ich genieße es auch, wenn im Garten etwas zu tun ist“, sagt Boßerhoff. Der Garten, der einst von den Großeltern bäuerlich genutzt wurde, ist aber auch Lebensraum für ungezählte Pflanzen- und Tierarten. Auf der Wiese blüht es munter. Libellen schwirren am Teich, Nistkästen hängen an den Obstbäumen. Boßerhoff kann zeigen, wo hinten im Garten der Fuchs in einer Hecke seinen Bau hat.
Vielfalt ist Trumpf in diesem Garten. Bewusst hat Boßerhoff möglichst viele verschiedene Obstsorten und möglichst viele Blühpflanzen gesetzt. Haut es mit den einen grad nicht so hin, weil Insekten oder Mäuse diesen zusetzen, gibt es noch genug Pflanzen, an denen man sich erfreuen kann. Wo Boßerhoff es einst mit Möhren und Kartoffeln versuchte, stehen jetzt Himbeeren und Rhabarber. „Alles ist ein Kompromiss“, sagt der Voerder.
Das gilt auch für die Frage, wieviel man im Garten selbst macht und was man der Natur überlässt. Manches ist schlicht eine Frage der Zeit. Immerhin sind Frank Boßerhoff (Lehrer) und seine Frau (Kinderärztin) auch beruflich eingespannt.
Was man selbst im Garten tun kann – ein paar Tipps:
Ein bisschen Wildnis im Garten zuzulassen ist nicht schwer. Jeder entscheidet selbst, wieviel Wildnis der kleine oder auch größere Garten verträgt. Tipps von Birgit Königs vom Naturschutzbund (Nabu) NRW:
1. Gift ist grundsätzlich tabu. Gegen Blattläuse & Co. helfen umweltverträgliche Mittel (Brennnesselbrühe etwa). „Man kann aber auch läuseabwehrende Kräuter pflanzen, zum Beispiel Lavendel bei Rosen“, sagt Königs. Zudem sollte man „Nützlinge“ wie Ohrenkneifer oder Marienkäfer (fressen Blattläuse) fördern. Diesen Tierchen helfen Überwinterungshilfen und Verstecke wie ein umgedrehter Stein: „Und ein Spinnennetz kann man ruhig stehen lassen“.
2. Unkraut? Gibt’s nicht. Alles eine Frage der Definition. Pflanzen hingegen, die man nicht überall haben will, gibt es schon – den ausbreitungsfreudigen Giersch etwa. „Da hilft mechanisches Bekämpfen“, sagt Königs, also: ausrupfen.
3. Düngen? Auch dafür gibt es natürliche Mittel. Die Nabu-Sprecherin empfiehlt Brennnesseljauche, die im Gegensatz zur Brennnessel-Brühe lange stehen muss. Zwei bis drei Wochen wird die Jauche angesetzt (Brühe: 24 Stunden), dann durchgesiebt. Königs rät, sie nur verdünnt anzuwenden.
4. Der Rasen muss nicht „englisch“, also ultrakurz und gleichmäßig getrimmt, sein. Wenn die Gesamtfläche groß genug ist, empfiehlt die Nabu-Sprecherin abschnittsweise zu mähen, also zumindest bis Ende Juni/Juli immer ein Stück ungeschoren stehen zu lassen. Zudem könne man den Rasen mit einem heimischen Wildblumenmix anreichern: „Darüber freuen sich die Schmetterlinge.“
5. Überhaupt: die Blumen. Viele Zierpflanzen sind derart überzüchtet, dass die Insektenwelt bei ihnen gar keine Nahrung mehr findet. Birgit Königs rät, heimische Stauden anzupflanzen (z. B. Akelei).
6. Unterschiedliche Biotope im Garten schaffen Raum für unterschiedliche Tiere, angefangen bei kleinen Insekten. Denkbar ist z. B. ein kleiner Teich, Reisig-Stapel oder eine Trockenmauer.