An Rhein und Ruhr. . Eine dauerhafte Rückkehr des Raubtiers nach NRW wird immer wahrscheinlicher. Ein DNA-Test zeigt: In Hamminkeln riss ein Weibchen drei Ziegen.
Die DNA-Untersuchung hat Gewissheit gebracht: Am Niederrhein ist eine Wölfin unterwegs – zumindest unterwegs gewesen. In einer Herde in der Dingdener Heide bei Hamminkeln hat sie in der Nacht zum 28. April drei Ziegen gerissen und mehrere Schafe verletzt. Das bestätigte jetzt das Landesumweltamt (Lanuv). „Wir wissen nicht, ob die Wölfin jetzt noch in der Region ist“, sagte Behördensprecher Peter Schütz.
Vorsorgliche Aufklärung ist trotzdem angesagt: Nicht weglaufen, nicht anfassen oder gar füttern, in die Hände klatschen, um das Tier zu vertreiben... – einmal mehr gab das Lanuv Verhaltenstipps für den Fall, dass Menschen zufällig einem Wolf gegenüber stehen sollten. Die Behörde hatte das immer wieder getan. Hamminkeln ist der achte Wolfsnachweis allein in diesem Jahr – und der elfte, seit 2009 erstmals wieder ein Wolf nach NRW kam. Zuletzt war ein Wolf 25 Kilometer vor den Toren Kölns im Bergischen Land aufgefallen, weil er Ziegen gerissen hatte.
Experten gehen bislang von durchziehenden Wölfen aus. Dass sich der hiesigen Breiten seit Mitte des 19. Jahrhunderts als ausgestorben geltende Räuber wieder dauerhaft in
NRW ansiedelt, wird angesichts der sich häufenden Wolfsmeldungen aber immer wahrscheinlicher – zumal jetzt erstmals auch ein Weibchen, eine sogenannte „Fähe“, nachgewiesen wurde. Anhand ihrer DNA-Spuren steht fest: Dieses Weibchen stammt aus der zentraleuropäischen Wolfspopulation, also aus Polen oder Deutschland. Eine Fernwanderin, etwa aus Italien oder dem Baltikum, schließen die Experten aus.
Nabu-Experte schließt künftiges Rudel in Dingdener Heide nicht aus
Bereits dreimal war in 2016 in NRW ein junger Wolfsrüde aufgetreten, der ursprünglich aus einem Rudel aus der Nähe von Cuxhaven stammt. „Er ist noch nicht geschlechtsreif, wird es aber dieses Jahr“, sagt Lanuv-Sprecher Schütz. Der Jungwolf hatte zuletzt auch NRW verlassen. Am 24. April hinterließ er seine Spuren im rheinland-pfälzischen Dierdorf, kurz hinter der Grenze zu NRW.
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Was passiert, wenn sich Wolf und Wölfin begegnen, lernt man im Biologieunterricht in der Schule. Wo wäre in NRW Platz für eine Wolfsfamilie? Lanuv-Sprecher Schütz glaubt, dass sich ein Rudel am ehesten in der Senne bei Bielefeld oder im Oppenweher Moor (Kreis Minden-Lübbecke) ansiedeln könnte – allein schon wegen der unmittelbaren Nähe zu Niedersachsen, wo es bereits feste Rudel gibt. Ein Rudel am Niederrhein hält Schütz für sehr unwahrscheinlich: „Die Dingdener Heide ist einfach zu klein.“ Selbst wenn man sich die komplette Hohe Mark hinzudenke, sei der Standort schwer vorstellbar.
Thomas Pusch, Wolfsexperte beim Umweltverband Nabu, allerdings meint: „Ich würde ein künftiges Wolfsrudel in der Dingdener Heide nicht ausschließen.“ Vor ein paar Jahren noch habe man sich ja auch nicht vorstellen können, dass es ein Wolfsrudel bei Cuxhaven an der Nordseeküste geben würde, heute sei eins da. „Wichtig ist“, so Pusch, „dass Wölfe genug Nahrung finden, dass sie über einen ruhigen Platz zum Aufziehen ihrer Welpen verfügen- und dass sie von den Menschen akzeptiert werden.“
Die Kreisjägerschaft Wesel meldete sich gestern und forderte vorsorglich die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht. Nur dann könnten „bei Bedarf auffällige Tiere unbürokratisch erlegt und der Bestand reguliert werden“, heißt es in einer Erklärung. Ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums stellte allerdings klar: Der Wolfsmanagement-Plan gibt schon jetzt die Möglichkeit, verhaltensauffällige Tiere zu „entnehmen“ (=zu erlegen), falls Vertreibung nicht fruchtet. Minister Johannes Remmel hatte kürzlich im NRZ-Interview ausdrücklich Verständnis für das Land Niedersachsen gezeigt, wo der auffällige Wolf „Kurti“ erlegt wurde. Fachleute gehen aber ohnehin davon aus, dass Wölfe keine Gefahr für Menschen darstellen.