Essen. . Alle Polizeibehörden in NRW sollen ab sofort wöchentlich Karten zu Wohnungseinbrüchen veröffentlichen. Wo man sie findet und was zu sehen ist.

Mit einem "Einbruchsradar" sollen seit dieser Woche alle Polizeibehörden in NRW regelmäßig aktuelle Geodaten zu Wohnungseinbrüchen vor Ort veröffenlichen. Einige, wie in Bochum, Essen, Mülheim, Hagen oder Düsseldorf tun es bereits. Die Polizei erhofft sich dadurch mehr Wachsamkeit bei Bürgern. Das Verhalten von Einbrechern - Vorgehensweise, Tatort-Auswahl - ist recht gut analysiert. Zu den Tätern hingegen weiß man nur wenig - weil so wenige gefasst werden.

Wo finde ich das Einbruchsradar?

Unter www.polizei.nrw.de finden sich auch die jeweiligen Webauftritte der 47 örtlichen Polizeibehörden in NRW. Dort veröffentlicht jede Behörden ihr jeweiliges örtliches "Einbruchsradar". Eine Gesamt-Übersicht für NRW gibt es nicht als Karte. Soweit Polizeibehörden auf Facebook vertreten sind, posten sie die Karte meist auch dort.

Was zeigt mit das Einbruchsradar an?

Insgesamt 33 Wohnungseinbrüche führt die Polizei Essen auf ihrer Einbruchsradar-Karte (Ausschnitt) für die Woche vom 25. März bis 1. April auf.
Insgesamt 33 Wohnungseinbrüche führt die Polizei Essen auf ihrer Einbruchsradar-Karte (Ausschnitt) für die Woche vom 25. März bis 1. April auf.

Beim Einbruchsradar veröffentlichen die Polizeibehörden im Wochenturnus Geodaten zur Wohnungseinbrüchen vor Ort. Genaue Adressen werden wegen des Datenschutzes aber nicht genannt.

Was soll das Einbruchsradar bewirken?

Mit dem Radar können sich Menschen in NRW zum ersten Mal ein eigenes Bild über Einbrüche in ihrem Viertel machen, sagt NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Er erhofft sich davon „noch mehr Sensibilität“ bei Bürgern und, "dass die Menschen ihre vier Wände besser schützen“. Letztlich ist das aus Sicht der Polizei auch deshalb "ein Baustein" im Einsatz gegen Wohnungseinbrüche, weil die Polizei alleine dem Problem nicht Herr wird.

Welche Kritik gibt es zum Einbruchsradar?

Der Bochumer Kriminalist Prof. Thomas Feltes hält die Aussagekraft der Karten für begrenzt. Um mögliche Häufungen von Einbrüchen vor Ort einzuschätzen, müsste man auch örtliche Sozialdaten mit einbeziehen. Das Täter-Spektrum sei bunt, reiche von Junkies bis zu organisierten Banden; dementsprechend unterschiedlich sind Motive, Tatortwahl und Vorgehen der Täter. Vor Gefahren warnen lasse sich mit dem Radar auch nicht, meint Feltes: "Einbruchsserien beispielsweise sind meist nach zwei bis drei Tagen abgeschlossen, da ist das einmal wöchentlich veröffentlichte Einbruchsradar wertlos."

Werden nur vollendete Wohnungseinbrüche erfasst?

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Nein. Im Einbruchradar werden alle Fälle erfasst, die auch in die Polizeistatistik einfließen. Dort wird ebenfalls kein Unterschied gemacht zwischen vollendeten und versuchten Taten. Das bedeutet, dass auch versuchte Wohnungseinbrüche aufgeführt werden. Von den 62.362 Wohnungseinbrüchen im Jahr 2015 in NRW kamen der oder die Täter in 43,7 Prozent letztlich nicht zum Ziel, weil sie zum Beispiel bemerkt wurden oder, noch häufiger, an Sicherungseinrichtungen scheiterten.

Was weiß man über Einbrecher?

Nicht so viel: „Die Polizei hat nur wenig Anhaltspunkte für Ermittlungen“, beschreibt Gina Rosa Wollinger, Mitarbeiterin am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen. Die Täter hinterließen wenig Spuren, agierten blitzschnell und vermieden Kontakt zu Bewohnern oder Zeugen. Weil so wenig Einbrecher gefasst werden, ist wenig über Strukturen und Reisewege bekannt, vor allem bei organisierten Banden. Thomas Feltes ergänzt: Von 100 Einbrüchen würden ohnehin nur ein bis zwei Täter verurteilt; in 70 bis 80 Prozent der Fälle werden Verfahren mangels Beweisen eingestellt.

Wann ereignen sich Wohnungseinbrüche?

Der Gesamtverband der deutschen Versicherer (GdV) hat 1300 Einbruchsopfer befragt. Das Ergebnis: Vor allem in Großstädten häufen sich Einbrüche. Einbrecher sind selten "nachtaktiv": Nur in 1,6 Prozent der ausgewerteten Fälle stiegen die Täter zwischen 4 und 6 Uhr früh in ein Gebäude ein. 18,4 Prozent der Wohnungseinbrüche werden zwischen 16 und 18 Uhr begangen. Insgesamt geschieht das Gros der Einbrüche tagsüber zwischen 10 und 18 Uhr, heißt es beim GdV. Die Polizei Köln hat zuletzt in ihrer "Kölner Studie" aus dem Jahr 2011 analysiert, 80 Prozent aller Wohnungseinbrüche geschehen zwischen 8 und 22 Uhr.

Wo steigen Täter bevorzugt in Wohnungen ein?

In Einfamilienhäusern sind vor allem Fenster, Balkon- oder Terrassentüren gefährdet, vor allem an Gebäudeseiten, die nicht so gut einzusehen sind. In Mehrfamilienhäusern sind besonders Wohnungen ganz unten oder ganz oben gefährdet, aber auch in anderen Stockwerken könne man sich nicht zu Hundert Prozent in Sicherheit wiegen. In Wohnungen im Dachgeschoss ist die Chance für Täter, unbeobachtet zu bleiben verhältnismäßig groß: "Der Täter nur aus einer Richtung überrascht werden kann", sagt Peter Werkmüller von der Polizeilichen Beratungsstelle in Düsseldorf. In Parterrewohnungen steigen Einbrecher häufig durch Fenster oder Balkon- bzw. Terrassentüren, bei Dachgeschosswohnungen vor allem durch die Eingangstür.

Spionieren Einbrecher ihre Ziele aus?

Das kommt vor, ist aber nicht die Regel. "Täter gehen mit ganz gezieltem Blick durch die Gegend, nehmen Schwachstellen wahr und nutzen die sofort aus", sagt Peter Werkmüller von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle der Polizei Düsseldorf. Ein auf Kipp stehendes Fenster, eine gar nur angelehnte Wohnungstür - weil man mal schnell nur am Briefkasten ist oder den Müll weg bringt - bieten für Einbrecher willkommene "Tatgelegenheiten".

Hat man als Mieter einen Anspruch auf besseren Einbruchschutz?

Nein. Mieter müssen selbst dafür sorgen, wenn sie mehr Einbruchschutz in ihrer Wohnung wünschen. Und: sobald es um größere Einbauten geht, etwa das Anbringen eines Sperrriegels an der Tür, braucht man die Genehmigung des Vermieters. Die Kosten hat man als Mieter in der Regel selbst zu tragen. Mitunter doppelt - wenn man beim Auszug auf Verlangen des Vermieters alles wieder in den Ursprungszustand bringen soll.

Was tun Vermieter für mehr Einbruchschutz?

Nach Aussage des Verbandes Haus und Grund NRW, der 223.000 Immobilieneigner mit zusammen etwa 1,2 Millionen Mietwohnungen in NRW vertritt, ist Einbruchschutz bei Vermietern "kein Thema". Angesichts von 8.81 Millionen Wohnungen in NRW, sei das Einbruchsrisiko tatsächlich trotz steigender Wohnungseinbruchszahlen eher gering. Im übrigen seien Investitionen in Einbruchsschutz den meisten Vermietern zu teuer, die Kosten würden letztlich nur den Mietern auferlegt. In vielen Regionen NRWs sei das aber über die Mieter nicht zu refinanzieren, sagt Haus und Grund-Geschäftsführer Erik Uwe Amaya. Manche Wohnungsunternehmen jedoch schenken dem Thema Einbruchsschutz bereits größere Aufmerksamkeit. Das Dortmunder Unternehmen DOGEWO etwa will ein "Sicherheitspaket" entwickeln, bei dem man auf Wunsch Sicherheitstechnik in Wohnungen nachrüstet und sich Vermieter und Mieter die Kosten dafür teilen. Vorbild dafür ist der Wohnungsgenossenschaft Spar- und Bauverein in Dortmund, die Mietern anbietet, bei Nachrüstungen aus einem eigens mit der Polizei zusammengestellten Katalog und in Kooperation mit einer Firma für Sicherheitstechnik die Hälfte der Kosten zu übernehmen.

Kostenlose Tipps zum Einbruchschutz kann man in den Beratungsstellen der Polizei erhalten. Jede der 47 örtlichen Polizeibehörden in NRW hat eine Beratungsstelle, die Schlösser, Panzerriegel und Co. auch in der Praxis vorführt. Informationen zum Einbruchschutz gibt es zudem auf dem Präventionsportal "Polizei Dein Partner" und bei der Aktion "Riegel vor".