An Rhein und Ruhr. . Die meisten Standesämter in der Region vermelden für 2015 erneut steigende Geburtenzahlen. In Nordrhein-Westfalen hält der Trend nun seit 2012 an.

Die Frauen an Rhein und Ruhr bekommen immer mehr Babys: Die Geburtenzahlen sind im vergangenen Jahr fast in allen Städten erneut gestiegen, wie aus Anfragen an die Standesämter hervorgeht. Damit scheint sich ein Trend zu verfestigen: Laut Zahlen des statistischen Landesamt (IT.NRW) werden in Nordrhein-Westfalen seit 2012 wieder mehr Kinder geboren, auch deutschlandweit steigen die Zahlen seitdem kontinuierlich an. Einen eindeutigen Grund dafür haben Experten noch nicht ausmachen können.

Geburtenzahlen an Rhein und Ruhr
Geburtenzahlen an Rhein und Ruhr © WNM

Beinahe in allen Städten in der Region vermelden die Standesämter für 2015 steigende Geburtenzahlen, lediglich in Emmerich und Dinslaken sind die Zahlen minimal gesunken (siehe Tabelle). Erfasst sind in den Statistiken alle Babys, die in einem Krankenhaus der jeweiligen Stadt geboren wurden, außerdem auch Hausgeburten. Es werden also auch Mütter berücksichtigt, die für die Geburt in die Nachbarstadt fahren.

Die Quote der kinderlosen Akademiker soll sinken

Bereits 2014 sind in Nordrhein-Westfalen so viele Babys zur Welt gekommen, wie seit 2004 nicht mehr. Die Geburtenrate stieg deutschlandweit zum dritten Mal in Folge und lag gar so hoch wie nie seit der Wiedervereinigung 1990. Eine Frau im gebärfähigen Alter brachte laut Statistik 1,47 Kinder zur Welt. Und die Zahlen der Standesämter lassen den Schluss zu, dass sich die wachsende Zahl an Geburten im vergangenen Jahr flächendeckend fortgesetzt hat.

Aber womit lässt sich der plötzliche „Babyboom“ erklären? Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht, Wissenschaftler sind sich uneinig. Ganz allgemein gesprochen, sei „die Stimmung für Kinder derzeit da“, sagt Michaela Kreyenfeld vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung. „Familie steht durchaus hoch im Kurs. Und die Bedingungen, um Eltern zu werden, sind besser geworden.“ Die Forscherin will nicht ausschließen, dass familienpolitische Maßnahmen wie das Elterngeld oder die Erhöhung der Betreuungsplätze im U3-Bereich dabei eine Rolle spielen. Darauf deutet auch die Tendenz hin, dass gut ausgebildete Frauen wieder mehr Kinder bekommen. Schon 2012 ging das statistische Bundesamt davon aus, dass die Quote der kinderlosen Akademiker in der Zukunft unter 30 Prozent sinkt. „Diese Maßnahmen richten sich vor allem an höher Qualifizierte“, sagt Kreyenfeld.

Fest steht hingegen, dass Frauen mit Migrationshintergrund mehr Kinder bekommen – die Geburtenrate lag 2014 bei 1,86. Bei vielen Nationalitäten ist die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau deutlich höher als bei Deutschen. Dass sich Flüchtlingskinder, die in Deutschland geboren werden, groß auf die Statistik auswirken, hält Martin Werding allerdings für unwahrscheinlich. „Dieser Effekt verliert sich“, sagt der Professor für Sozialpolitik der Universität-Bochum. Der Anteil der Familien unter den Flüchtlingen sei zu niedrig.

Forscher glaubt nicht an eine Änderung im Geburtenverhalten

Werding zweifelt auch daran, dass sich das Geburtenverhalten in Deutschland tatsächlich grundlegend geändert hat. Für den Anstieg der Geburtenzahlen gebe es andere Gründe – einer davon sei die Demografie. Der Anteil der Frauen, die zwischen 26 und 35 Jahre alt sind und besonders häufig Kinder bekommen, sei derzeit relativ hoch. Es sind die Töchter der Babyboomer, die nun selbst ihren Nachwuchs auf die Welt bringen. Ebenfalls ein wichtiger Faktor ist für Werding, dass viele Frauen ihren Kinderwunsch „aufgeschoben“ haben und nun verwirklichen. Dafür spricht, dass sich das Durchschnittsalter der Mütter bei der ersten Geburt schon seit einiger Zeit stetig erhöht und mittlerweile bei rund 30 Jahren liegt.

Wie lange der „Geburtenboom“ nun anhält ist fraglich. Michaela Kreyenfeld hält es für gut möglich, dass zwar die Geburtenquote nachhaltig höher liegen wird als derzeit – die absolute Zahl der neu geborenen Kinder aber dennoch wieder zurückgehen könnte. Das kann man erneut mit der demografischen Entwicklung begründen. Denn ab 2020 schrumpft die Zahl der Frauen im Alter zwischen 26 und 35 wieder – dadurch könnte sogar ein neues Geburtentief entstehen, wie das statistische Bundesamt berechnet hat. Dann hängt es von der Höhe der Zuwanderung ab, ob die Geburtenzahlen langfristig auf hohem Niveau bleiben.