Essen/Rheinberg. . Die Polizei in Essen und Köln verhängt Urlaubssperren an Karneval. Der Rosenmontagszug in Rheinberg wurde gestern abgesagt

Die Wagen sind geschmückt, die Kostüme genäht, die Schminke herausgelegt. Allein: Karneval findet nicht statt, zumindest in Rheinberg. Noch sind es zwar ein paar Tage hin bis Rosenmontag, aber der Umzug fällt aus. In Rheinberg-Orsoy kam die Polizei zu dem Entschluss, keine sichere Veranstaltung gewährleisten zu können. Das Orsoyer Karnevals Komitee (OKK) hatte erstmals zum Rosenmontagsumzug eingeladen. Das Problem: Die Strecke hätte an einer neuerrichteten Flüchtlingsunterbringung vorbeigeführt, außerdem hatte das OKK mit 5000 Besuchern gerechnet. Was eigentlich eine gute Nachricht für die Veranstalter ist, wurde ihnen aber jetzt zum Verhängnis. Jonny Strey vom Rheinberger Ordnungsamt erklärt: „Aufgrund dieser hohen Besucherzahl und durch die Erfahrung der Silvesternacht in Köln wäre ein Sicherheitskonzept seitens des Vereins auszuarbeiten gewesen.“ In der Kürze der Zeit für den Verein unmöglich.

Einigkeit bei Absage

Böses Blut hätte es aber wegen der Absage nicht gegeben. In Gesprächen zwischen Verein, Stadt und Polizei sei man sich bei der Absage einig gewesen.

Ganz so weit wollen die Behörden in anderen Städten momentan nicht gehen, aber auch für viele Polizisten in Nordrhein-Westfalen fällt die private Karnevalsfeier flach, denn: Freie Tage gibt’s nicht. In Essen und Köln wurden bereits Urlaubssperren für Polizisten verhängt.

Als Reaktion auf die Geschehnisse in der Silvesternacht in Köln will die Polizei auf alles vorbereitet sein. „Wir werden mit einem deutlich stärkeren Aufgebot präsent sein“, sagt Dorothee Goebel, Sprecherin der Polizei Köln. Darum wurden den Beamten nicht nur die Dienstfrei-Tage über Karneval gestrichen, auch Urlaubsanträge zu dieser Zeit werden nicht mehr genehmigt. Wie viele Kräfte an Karneval genau im Einsatz sein werden, wollte Goebel aus polizeitaktischen Gründen nicht mitteilen.

Auch in der zweiten Karnevals-Hochburg in NRW sieht es ähnlich aus. „Wir müssen uns darauf einstellen, auch ad hoc noch Polizeikräfte bereitstellen zu können“, betont Düsseldorfs Polizeisprecher André Hartwich, der die Situation in diesem Jahr als schwierig einschätzt. „Es sind ja nicht nur die Vorfälle in Köln“, sagt er. Der Anschlag in Istanbul und die Alltagskriminalität, die es immer an Karneval gebe, spielten eine wichtige Rolle.

Heiße Phase beginnt an Weiberfastnacht

Die „heiße Phase“, wie Hartwich sie nennt, beginnt für die Polizei in Düsseldorf an Weiberfastnacht: „Für uns ist das der schwierigste Tag, denn alle feiern und lassen die Sau raus, aber nichts ist organisiert.“ Rund 150 Polizisten sollen dann allein in der Innenstadt bereit stehen. Den Rosenmontagszug werden wohl deutlich mehr als 1000 Beamte und mindestens eine Hundertschaft begleiten. Und eins ist sicher, Pöbeleien sollen schon im Keim erstickt werden. „Dieses Jahr haben wir eine ganz niedrige Einschreitschwelle“, sagt der Düsseldorfer Polizeisprecher. Soll heißen: Es wird nicht groß diskutiert, sondern mit aller Konsequenz durchgegriffen. „Alle Aggressoren sollen wissen: Wir sind da, wir haben euch auf dem Kieker“, so Hartwich, für den feststeht: „Karneval muss möglich sein!“

So sieht es auch Daniel Freitag. Der Sprecher der Kreispolizeibehörde Wesel betont, „dass wir keine rechtsfreien Räume dulden werden.“ Auch im Kreis Wesel sei die Personalstärke deutlich hochgefahren worden. Dienstfreie Tage sind auch hier gestrichen.

Karnevalsfeier der Polizei fällt aus

In Essen gilt ebenfalls die Urlaubssperre, und zwar für alle 2100 Beamte, teilt Essens Polizeisprecher Ulrich Faßbender mit. Außerdem fällt die Karnevalsfeier im Polizeipräsidium flach. „Wir können uns Vorkommnisse wie in Köln nicht leisten.“ Faßbender erklärt, dass Urlaubssperren sehr außergewöhnlich sind. „Das gab es ganz selten. Beispielsweise beim RAF-Terror in den 70er Jahren, oder beim rechtsextremen Brandanschlag in Solingen 1993“, erinnert er sich.