Düsseldorf. Sie wollen nach den Übergriffen in Köln nur für Sicherheit sorgen - sagen sie. Doch oft haben selbst ernannte Beschützer eine stramm rechte Gesinnung.

Sie wollten aufpassen und ihre Stadt für "unsere Damen" sicherer machen: Nach den Übergriffen auf Frauen in Köln hatten sich mehr als 13.000 Menschen der Facebook-Gruppe "Einer für alle, alle für einen...Düsseldorf passt auf" angeschlossen. Die Idee der Gruppe war es, gemeinsam an Wochenenden oder bei Veranstaltungen durch die Stadt zu ziehen. Laut dem Organisator Tofigh Hamid haben Fremdenfeindlichkeit oder Gewalt in der Gruppierung aber nichts verloren.

Nach Kritik von Polizei und Bürgern hat Hamid trotzdem vorerst alle Patrouillen der Gruppe abgesagt. Er sorgte sich offenbar, dass seine Hobby-Ordnungshüter in einen Streit mit anderen Passanten oder Gegnern der Bürgerwehr geraten.

Bürgerwehren mit rechtsextremen Tendenzen

Nach den Übergriffen in Köln, an der Ausländer und auch Flüchtlinge maßgeblich beteiligt waren, bildeten sich aber auch andere Bürgerwehren, die für Recht und Ordnung sorgen wollen. Auf Facebook finden sich deutschlandweit viele ähnliche Gruppen. "Bürgerwehr Deutschland" etwa hat sich ebenfalls in der vergangenen Woche auf Facebook zusammengeschlossen.

Auch sie ist nach eigenen Angaben nicht rechts, doch Posts wie "Es reicht langsam Deutschland ist überfordert, grenzen dicht!" sprechen ihre eigene Sprache. Und Bürgerwehren mit rechtsextremen Tendenzen bereiten Verfassungsschützern nicht erst seit Köln Sorgen.

Rechtsextreme inszenieren sich als Beschützer

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In Sachsen etwa werden Bürgerwehren auch mit fremdenfeindlichen Anschlägen und Hetze gegen Flüchtlinge in Zusammenhang gebracht, etwa die Bürgerwehr FTL/360 aus Freital. In Mecklenburg-Vorpommern machte im Frühjahr die selbst ernannte "Bürgerwehr Güstrow" Schlagzeilen. Einer der Organisatoren soll ein vorbestrafter NPD-Stadtvertreter sein. In Thüringen ist dem Verfassungsschutz mindestens eine Bürgerwehr bekannt, in der Rechtsextreme aktiv sind.

"Es hat 2015 eine neue Qualität bekommen - da sind vielerorts solche Bürgerwehren entstanden", bestätigt auch der Soziologe Matthias Quent, der an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena zum Thema Rechtsextremismus forscht. Dass sich Rechtsextreme als Bewahrer und Beschützer inszenieren, sei nicht neu. Doch es besteht die Gefahr, dass die Rechtsextremen Bürger rekrutieren, die vorher nicht durch eine Verbindung in die rechte Szene aufgefallen sind, wie Quent erklärt.

Meistens nur kurzlebige Aktionen

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Aber nicht nur in den neuen Bundesländern gibt es Hobby-Sheriffs. Im Oktober liefen rechtsextreme "Nachbarschaftswärter" in der niedersächsischen Gemeinde Schwanenwede Streife vor einer Flüchtlingsunterkunft. In NRW konnte sich bisher keine Bürgerwehr durchsetzen.

So löste sich die Ende 2014 in Aachen gegründete Bürgerwehr schon nach wenigen Wochen auf. Auslöser war damals eine Raubserie in der Innenstadt. "Politik, Polizei und Bürger haben ihnen klargemacht, dass sie das lassen sollen", sagt ein Sprecher der Aachener Polizei: "Im Übrigen hatten nicht alle Angehörigen dieser Wehr einen guten Leumund." Einige hätten eine kriminelle Vorgeschichte gehabt, manche waren der Polizei durch ihre Rolle in der rechten Szene bekannt.

Bundesregierung beobachtet Bürgerwehren mit Sorge

Auch in Dortmund hatten Rechte im vergangenen Sommer versucht, sich als Bürgerwehr aufzuspielen. Im Internet hatten sich Mitglieder in gelben T-Shirts mit der Aufschrift "Stadtschutz Dortmund" präsentiert. Allerdings fiel der Polizei nach eigenen Angaben keine einzige Aktion auf. Es sei wohl ein PR-Gag, hieß es damals.

Auch die Bundesregierung nimmt die wachsende Zahl von Bürgerwehren aufmerksam zur Kenntnis. Es dürfe nicht dazu kommen, dass Bürger ohne staatlichen Auftrag und Kontrolle, Recht und Ordnung in die eigene Hand nehmen, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums. "Es muss mit aller Entschiedenheit verhindert werden, dass, und sei es auch nur punktuell, Parallelstrukturen aufgebaut werden", sagte er. Die meisten Aktivitäten seien allerdings von kurzlebiger Dauer - langfristige Strukturen bildeten sich nur selten heraus. (dpa/we)