Bergisches Land. Bergneustadt ringt als erste NRW-Kommune bei der Grundsteuer mit der 1000-Punkte-Marke. Der Steuerzahlerbund befürchtet einen „Dammbruch“.

Nur durch einen Umzug über die Stadtgrenze hinweg kann man der Grundsteuer B entkommen. Sie trifft alle Hausbesitzer, damit auch deren Mieter, und fließt zuverlässiger als die Gewerbesteuer. Weil das so ist, schrauben Kämmerer vielerorts immer wieder an den Hebesätzen. Als erste Kommune landesweit ringt nun das klamme Bergneustadt im Oberbergischen Kreis mit der 1000-Punkte-Marke. Weite Teile der Bürgerschaft laufen Sturm dagegen. Bergneustadt drücken rund 67 Millionen Euro Schulden – 3535 Euro pro Einwohner.

Flut von Protestbriefen

Mit 876 Punkten ist das 20 000-Einwohner-Städtchen schon jetzt Spitzenreiter in NRW – also die Kommune, die ihre Hausbesitzer am stärksten zur Kasse bittet. Im neuen Jahr sollten 1465 Punkte daraus werden, die Zahl stand schon im Etatentwurf. Entsetzte Briefe von Bürgern bekam der Steuerzahlerbund (BdSt). Ein Ehepaar berichtete, dass für ihr Haus dann jährlich 2300 Euro fällig wären – ein ganzes Monatsgehalt. „Hebesätze über 1000 Euro sind sozialer Sprengstoff“, sagt BdSt-Experte Eberhard Kanski.

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Die 1465 Punkte sind passé, nachdem eine enorme Protestwelle in der Stadt angerollt ist. Gut 5000 Widerspruchsschreiben haben das Rathaus binnen kurzer Zeit erreicht, der Steuerzahlerbund spricht sogar von 6310 Briefen. Als Kompromiss führt die Stadt nun 1255 Punkte ins Feld. Es gilt aber als sicher, dass die Kommunalpolitiker diesen geplanten Hebesatz ablehnen werden, und zwar einstimmig. Sie riskieren damit den offenen Konflikt mit der Bezirksregierung Düsseldorf als Haushaltsaufsicht – und die 1,6 Mio Euro Landeshilfe, die Bergneustadt jährlich aus dem Stärkungspakt Kommunalfinanzen erhält. Politiker in Bergneustadt haben einen Hebesatz von 959 Punkten ins Gespräch gebracht. Er würde aber nicht genug Geld in die Kasse spülen, um den im Zuge des Paktes für 2016 geforderten Etatsausgleich zu schaffen.

Steuerzahlerbund warnt vor "Dammbruch"

Der Steuerzahlerbund befürchtet einen „Dammbruch“, falls der Satz über 1000 Punkte steigt. Andere klamme Städte könnten folgen. Schon heute liegt in NRW ein halbes Dutzend Städte über 800 Punkten (z. B. Duisburg: 855), weitere sind über 700 – während gutsituierte Gemeinden wie Harsewinkel in Ostwestfalen mit 260 auskommen.

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Was ist die Alternative zur Steuererhöhung? Luft zum Sparen sieht BdSt-Experte Kanski in Bergneustadt nicht: „Dort gibt es noch eine Bücherei, ein Jugendzentrum, ein Freibad – streicht man das, gibt es gar nichts mehr.“ Der BdSt will Bergneustadt über eine geringere Kreisumlage entlasten. Zudem müsse das Land mehr Steuergelder an klamme Kommunen weiterreichen.