An Rhein und Ruhr. . Greenpeace-Analyse beleuchtet das Kundenverhalten bei Kleidungskäufen. Nachhaltigkeit liegt nicht im Trend. Viel wird nie oder nur selten getragen.

Gerade erst ist es richtig kalt geworden, die Menschen haben Mäntel, Jacken und Mützen herausgeholt. Wintermode ist gefragt. Doch es wird nicht mehr lange dauern, da hängen die ersten Modelle für die Frühjahrssaison in den Geschäften. Und die Deutschen kaufen, kaufen, kaufen. Und weil sich das Fassungsvermögen des Kleiderschranks nur bei den wenigsten beliebig erweitern lässt oder das Trendbewusstsein über die Vernunft siegt, werden nach kurzer Zeit die ersten Jacken, Blusen oder Shirts zur Altkleidersammlung oder in den Müll gegeben.

Kleidung ist für die Menschen kaum mehr als ein Wegwerfartikel – das ist das Ergebnis einer Befragung von Greenpeace unter mehr als 1000 Menschen ab 16 Jahren. Fast die Hälfte der Sachen, die in Kleiderschränken hängen, werden nie oder nur selten getragen. Kaum jemand lasse noch Schuhe oder Kleidung ausbessern oder reparieren, stattdessen werde neu gekauft, so die Analyse.

Generationsunterschiede

Ein Trend, den auch Schneiderin Ursula Wendt aus Duisburg-Rheinhausen beobachtet, allerdings gebe es da Unterschiede zwischen den Generationen. Viele ihrer Stammkunden seien 50 Jahre oder älter; in dieser Altersgruppe würden noch viele ihre Kleidung ändern oder reparieren lassen. Bei vielen Jüngeren sehe das allerdings anders aus. „Wenn Jüngere Kleidung kaufen, dann eher billige Ware, die sie dann wegschmeißen, bevor sie sie zu uns bringen. Das lohnt sich nur bei hochwertiger Kleidung,“ so Wendt.

„Natürlich will nicht jeder den vernünftigen Kleiderschrank haben. Da wird dann auch mal was Verrücktes oder Unvernünftiges gekauft“, weiß Georg Tryba, Sprecher der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. Er will das nicht verurteilen. „Aber man sollte grundsätzlich schon über Arbeits- und Umweltbedingungen nachdenken, unter denen so etwas produziert wird“ und entsprechend das eigene Einkaufsverhalten hinterfragen, so Tryba, der dafür plädiert, auf Qualität zu achten und nicht blind jedem Modetrend zu folgen.

Bewusstsein zu schaffen, ist schwer

Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz bei der Herstellung von Kleidung stehen beim Studium für Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein schon seit längerem auf der Agenda. „Vorlesungen zu Ökologie sind bei uns Standard“, sagt Rudolf Voller, Dekan des Fachbereichs für Textil- und Bekleidungstechnik. Dennoch sei es ein langwieriges Unterfangen für solche Anliegen in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein zu schaffen. Voller warnt allerdings vor Schwarz-Weiß-Malerei bei der Beurteilung des Kaufverhaltens. Die sogenannte Wegwerfmentalität sei sicher nicht durchgehend bei allen Generationen zu beobachten. Viele Männer beispielsweise trügen ihre Anzüge jahrelang.

Ulrich Schreyer, Leiter des Diakoniewerks Arbeit & Kultur in Mülheim, sieht die Studie von einer ganz anderen Seite. Rund 1000 Tonnen Altkleider sammeln seine Mitarbeiter jährlich in der Stadt an der Ruhr aus den Kleidercontainern des Diakoniewerks ein. Rund 80 Prozent davon können aufgearbeitet und weiterverwertet werden. Die Altkleiderquote habe sich in den vergangenen Jahren zwar nicht signifikant erhöht, „aber wir sehen, dass wir viel Kleidung von minderwertiger Qualität bekommen, die allerdings fast neuwertig ist.“ Immerhin erhalten die so entsorgten Sachen dann über den Verkauf in den Second-Hand-Läden der gemeinnützigen Einrichtung eine zweite Chance.

Nähprojekt mit Flüchtlingen

Doch Schreyer und sein Team möchten noch einen draufsetzen: Im nächsten Jahr wollen sie in Mülheim ein Nähprojekt ins Leben rufen, bei dem Flüchtlinge unter Anleitung einer Designerin aus gebrauchter und entsorgter Kleidung neue Mode fertigen, die dann für jedermann zu kaufen ist. Das Motto der Initiative: „Lokal, fair, ökologisch.“