Im Münsterland.. Mit teils schrägen Aktionen will Billerbeck den massenhaften Verbrauch von Plastiktüten begrenzen. Umweltstiftung fördert 100.000-Euro-Projekt
Der Ludgerus-Dom mit seinen schlanken Türmen (fast 100 Meter hoch!), die historische Altstadt, jedes Jahr der stimmungsvolle Weihnachtsmarkt – wer mal in Billerbeck war, weiß: Es ist schön da. Plastiktüten sind nicht schön, vor allem nicht gut für die Umwelt. Ihnen, besser: dem massenhaften Verbrauch von ihnen, hat die beschauliche Kleinstadt bei Coesfeld jetzt mit dem Modellprojekt „Unplastic Billerbeck“ den Kampf angesagt. Es ist ausdrücklich kein verbissener Kampf, er soll Spaß machen. Das Ziel ist klar. Bis Sommer 2016 soll der Tütenverbrauch in dem 11 500-Einwohner-Städtchen spürbar sinken, um 30% oder besser noch mehr.
Aktionskünstler Thomas Nufer hat sich „Unplastic Billerbeck“ mit Projektentwickler Dirk Schubert ausgedacht. Er versichert, dass im Münsterland „keine Ökodiktatur“ ausbricht. Motivieren und mitmachen, heißt die Devise, Freiwilligkeit das Prinzip. „Wir wollen die Leute mit schrägem Humor erreichen“, erklärte der 55-jährige Nufer im NRZ-Gespräch. Vom Stadtrat gab’s einstimmig grünes Licht, Bürgermeisterin Marion Dirks (parteilos) unterstützt das Projekt persönlich. Träger ist die regionale Initiative IBP, die sich schon lange bei Umweltprojekten engagiert. Billerbeck stehen muntere Monate vor.
Monate etwa mit dem „Plastiktütenmann“. Begleitet von drei Assistentinnen, den „Plastiknixen“, wird er ab der nächsten oder übernächsten Woche durch die Stadt ziehen, über die Umweltfolgen von Plastikmüll aufklären und persönliche Erklärungen über den Tüten-Verzicht einsammeln. Auf großen Bannern werben Persönlichkeiten für Mehrwegtaschen. An der Gemeinschaftsschule gibt es eine Projektwoche – und zur Halbzeit im Dezember die Veranstaltung „Plastiksprengstoff“ für die ganze Stadt. Ein Exorzist (nicht echt) und ein Gospelchor (echt) sind eingeladen. Es soll „letzte Grüße an die Plastiktüte“ geben. Da wird dann auch die Alternative vorgestellt: die für den Mehrweggebrauch gedachte „Stadttasche“ mit zunächst 7000 Exemplaren, hergestellt aus recyclten PET-Flaschen. „Die hatten den besten ökologischen Fußabdruck“, sagt Nufer – viel besser als die im Handel schon gängigen, aber unter hohem Energie- und Wasserverbrauch hergestellten Stoffbeutel.
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Je nach Erfolg des Projektes werden Bäume gepflanzt
Aufmerksamkeit ist Billerbeck gewiss. Die Förderer des Projektes erhoffen sich eine Signalwirkung weit übers Münsterland hinaus. Die Kosten von 100 000 Euro werden vor allem von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW getragen, auch die örtliche Sparkassenstiftung ist im Boot. Umweltverbände, das Umweltministerium in Düsseldorf und Bundestagsabgeordnete haben die Planung von „Unplastic Billerbeck“ unterstützt.
Der Erfolg oder auch Nichterfolg wird wissenschaftlich erhoben. Das Gaia-Institut für Umweltmanagement und die BiTS-Hochschule in Iserlohn begleiten die Aktion. Je nach Rückgang des Plastiktütenverbrauchs sollen Bäume in der Kommune gepflanzt werden. „Ich denke, da ist etwas in Bewegung“, zeigt sich Projektleiter Nufer überzeugt. Er verweist darauf, dass die münsterländische Stadt mit „Unplastic Billerbeck“ der Zeit schon ein Stück voraus ist. Immerhin drängt die EU darauf, dass bis 2018 zumindest die dünnen Kostenlos-Tüten komplett aus dem Handel verschwinden.