Billerbeck. Die Stadt Billerbeck soll ein Jahr lang ohne Plastiktaschen leben. Die Einzelhändler machen mit. Sogar Gespräche mit Aldi und Lidl stehen im Raum.
Ein Leben ohne Plastiktüten - geht das und wenn ja, wie wäre es? Der Künstler Thomas Nufer will es testen. Zusammen mit der kleinen Stadt Billerbeck in der Nähe von Münster wird Nufer es ausprobieren; seit Dienstag gibt es hier das Projekt „Unplastic Billerbeck – Billerbeck auf dem Weg zur plastiktütenfreien Stadt“. Insgesamt kostet die Umsetzung 100.000 Euro; den Großteil der Summe übernimmt die Stiftung Umwelt und Entwicklung.
Schon vor Beginn von "Unplastik Blllerbeck" zeichnete sich das Engagement der Bürger ab. „Als ich vor ein paar Tagen durch die Stadt lief, hatten sehr viele Läden alle Plastiktüten aus ihrem Sortiment genommen. Ich bin sehr gerührt“, schwärmt der Schwaben stammende Regisseur und Grafiker. Die Stadt Billerbeck sei für ihn der optimale Ort, um so ein Projekt durchzuführen. Hier habe er schon viele andere Aktionen realisiert, kenne sehr viele Leute und sei gut vernetzt.
Stadtrat unterstützt das Projekt einstimmig
Bereits vor anderthalb Jahren hatte der Rat der Stadt einstimmig beschlossen, das Projekt zu unterstützen. Auch die Bürgermeisterin ist begeistert. „Wir als Stadt stehen voll dahinter“, betont Marion Dirks und fügt hinzu: „Die Resonanz in der Bevölkerung ist positiv, weil es hier nicht um ein Verbot und nicht um einen gehobenen Zeigefinger geht, sondern auf kreative Weise zum Nachdenken anregt.“ Und genau das ist die Intention von Künstler Nufer und seinem Kollegen Dirk Schubert.
„Es soll nicht dröge und langweilig sein, sondern witzig“, beschreibt Nufer. Durch Humor und Irritationen wollen sie zum Umdenken anregen. So gibt es beispielsweise eine Aktion bei der die Bewohner der 11.000-Einwohner-Stadt auf einem Zettel ihren „letzten Gruß an die Plastiktüte“ schreiben sollen. Die Karten werden dann in der Stadt ausgestellt und sollen ein Statement darstellen.
"Plastiktütenmann" sagt Plastik den Kampf an
Eine andere Aktion ist der „Plastiktütenmann“, in dessen Rolle der Billerbecker Steffen Hertz schlüpfen wird. Er soll dann unter anderem an Haustüren klingeln und die Bürger auffordern, die Plastiktüte zu verbannen. „Seine Figur wird ebenfalls in den Eingängen von Supermärkten stehen und die Kunden mit einem Plakat fragen, ob sie nicht auf eine Plastiktüte verzichten sollten“, erklärt Künstler Nufer.
Auch Plakate und Banner mit seiner Figur werden in der Stadt aufgehängt. Das Gleiche gilt für die beiden „Marias von Edekas Käsetheke“, die ebenfalls Plastiktüten kritisieren und die Bewohner an das Projekt erinnern sollen. Besonders ausgerichtet ist das Projekt auf Schulen und Behörden. Im Unterricht lernen die Kinder bei einer Projektwoche vieles rund ums Thema "Plastik" und werden selber aktiv: "Wo und warum gibt es bei uns in der Stadt noch Plastiktüten?", sollen sie sich zum Beispiel fragen.
Große Discounter wie Aldi sind am Projekt interessiert
Besonders freut sich Umweltschützer Nufer darüber, dass auch große Discounter wie Lidl, Aldi und Edeka an seinem Projekt interessiert sind. „Sie merken, dass sich die Bürger darauf einlassen wollen. Die Öffnung der Ketten ist auf jeden Fall da“, sagt er.
Statt Plastiktaschen sollen die Bürger zukünftig auf die „Stadttasche“ umsteigen. Das ist eine eigens designte Tasche aus recycelten Plastikflaschen, die mit fachlicher Unterstützung des BUND und der Deutschen Umwelthilfe entwickelt wurde.
Zukünftiges Projekt in Münster?
Sehr gerne hätte der Künstler das Projekt auch in Münster durchgeführt. "Zu zweit ist es aber einfach nicht umsetzbar in einer solchen großen Stadt", bedauert er. Aber: Münster werde das Projekt sicherlich beobachten und hätte Interesse geäußert.