Essen. Heiß, heißer, NRW: Wüstenluft überzieht das Land, legt Bahnen lahm und lässt Asphalt schmelzen - am Wochenende soll sich das noch steigern.

Nordrhein-Westfalen hat am Donnerstag den bisher heißesten Tag des Jahres erlebt. Höchsttemperaturen verzeichneten die Messstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Niederrhein an der holländischen Grenze sowie in Duisburg mit jeweils 38 Grad, wie ein DWD-Sprecher mitteilte. Am Mittwoch hatte der DWD die höchste Temperatur mit 35,1 Grad in Kleve gemessen. "Auf das ganze Bundesland betrachtet rangierten die Werte im mittleren Bereich zwischen 33 und 37 Grad", sagte der Sprecher weiter.

Zahl der Notaufnahmen steigt sprunghaft an

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) warnte unterdessen vor erhöhten Ozonwerten. Mit mehr als 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sei in NRW ein kritischer Wert erreicht, ab dem empfindliche Menschen über Kopfschmerzen oder Atemwegsbeschwerden klagen könnten, sagte ein Sprecher der Behörde.

Die tagelange Hitzewelle in Nordrhein-Westfalen treibt auch mehr Patienten in die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Im Düsseldorfer Uniklinikum etwa seien in den vergangenen Tagen nach groben Schätzungen etwa zehn Prozent mehr Patienten in die internistische Notaufnahme gekommen, sagte eine Klinik-Sprecherin am Donnerstag. In der Regel handele es sich um ältere Menschen, die unter Dehydrierung, also Wassermangel im Körper, litten. Sonnenstich-Patienten habe es bisher noch keine gegeben. Je länger die Hitze aber dauere, umso mehr Notfall-Patienten seien zu erwarten.

Vor zwei Jahren war nach Informationen der Krankenkasse DAK die Zahl der Notfall-Patienten mit Hitzeproblemen landesweit in die Höhe geschnellt. Demnach wurden 2013 in den Sommermonaten laut offizieller Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamts in NRW insgesamt 379 Patienten mit Diagnose Sonnenstich behandelt - fast doppelt so viele wie 2011. Einen Rekord gab es im Jahr 2003 mit 572 Hitzeopfern in den Notaufnahmen. Bei Sonnenstich leiden Patienten unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Fieber.

Und ein Ende der Bullenhitze ist vorerst nicht in Sicht: Freitag und Samstag könnte es noch heißer werden.

24,7 Grad in der Nacht in Düsseldorf

Schon die Nacht zu Donnerstag hielt, was die Meteorologen vorhergesagt hatten: Am heißesten war es mit 24,7 Grad in Düsseldorf sowie in Gevelsberg. Auch in Tönisvorst bei Krefeld und im Remscheider Ortsteil Lennep war die Nacht mit 23,8 und 22,8 Grad sehr warm. Diese Tiefsttemperaturen wurden zwischen 5 und 6 Uhr gemessen. Wenn in diesen sonst kühlen Morgenstunden das Thermometer über 20 Grad steigt, sprechen Meteorologen von einer Tropennacht.

Einen Vorgeschmack auf den Hitzegipfel in den kommenden Tagen hatte auch bereits der Mittwoch geboten: Am Flughafen Weeze standen 34 Grad auf dem Thermometer - rund 800 Meter höher auf dem Kahlen Asten waren es immerhin 24 Grad.

Die Auswirkungen der Hitze in NRW im Überblick:

Wasserstand Rhein: Am Mittwochmittag stand der Rheinpegel in Köln bei 2,82 Metern. Das war zwar unter dem Normalwasserstand von 3,21 Metern, aber noch deutlich vom Niedrigwasser im Jahrhundertsommer 2003 entfernt, als der Pegel bis auf 81 Zentimeter fiel. Für die Schifffahrt wird es kritisch, wenn der Pegel unter 1,40 Meter sinkt.

Talsperren: Wassermangel müssen zumindest die Menschen im Ruhrgebiet nicht befürchten. "Die Talsperren im Sauerland sind gut gefüllt", sagte ein Sprecher des Ruhrverbands in Essen. So war etwa die Möhnetalsperre, die 134,5 Millionen Kubikmeter fasst, am Mittwoch nahezu komplett voll. Der Ruhrverband betreibt acht Talsperren im Sauerland und sichert die Wasserversorgung von rund 4,6 Millionen Menschen.

Überhitzte Autos: Mehrfach mussten Feuerwehr und Polizei in der Region Kinder oder Tiere aus völlig überhitzten, abgestellten Fahrzeugen befreien. ADAC und Behörden appellieren dringend an alle Autofahrer, keine Kinder und Lebwesen in geparkten Autos zurück zu lassen - auch, wenn es sich um einen sehr kurzen Stopp handeln sollte. Bei den jetzigen Temperaturen sei die Hitze im Wagen-Inneren kaum erträglich könne schon nach kurzer Zeit zum Kollaps führen.

Bahn-Defekte: Weichen und Gleise verziehen sich in der Hitze, Klimaanlagen in den Bahnen fallen aus. Mehrfach gab es über den Tag hinweg deswegen erhebliche Verspätungen im Bahnverkehr der Region.

Blow-ups: Wenn Straßen bei Hitze aufplatzen, wird es besonders für Motorradfahrer schnell gefährlich. Sogenannte Blow-Ups stellen sich schlagartig auf, erklärt Andreas Hölzel vom ADAC. "Für Motorradfahrer ist es nahezu unmöglich, rechtzeitig auszuweichen." Solche durch Hitze verursachten Verwerfungen im Asphalt wurden am Donnerstag zum Beispiel aus Düsseldorf gemeldet.

Waldbrandgefahr: Aufgrund der tagelangen Trockenheit und der Rekordhitze steigt die Waldbrandgefahr rapide. Die Feuerwehr warnt davor, Zigarettenkippenn achtlos wegzuwerfen oder offenes Feuer zu entzünden.

Gartenamt Düsseldorf bittet Bürger, Bäume zu gießen

Straßenbäume: Sie brauchen Wasser - und zwar kräftig. Das Gartenamt Düsseldorf hat die Bürger gebeten, die Schattenspender vor der eigenen Haustür zu wässern. Einmal wöchentlich sechs Eimer Wasser seien dabei besser als einmal am Tag nur ein bisschen.

Vögel: Hunde verschaffen sich durchs Hecheln Abkühlung. Aber auch viele Vögel setzen sich so gegen hohe Temperaturen zur Wehr, sagt Birgit Königs vom Naturschutzbund (NABU) in NRW. Wer für die Vögel Trinkschalen in den Garten oder auf den Balkon stellt, sollte sie täglich heiß auswaschen. Sonst können sich Krankheitserreger bilden.

Schneeverwehungen: Kein Scherz. Der Wetterdienst sorgte deutschlandweit kurzzeitig - und versehentlich - für Verwirrung: Auch für mehrere Orte in NRW meldete der DWD in einem offiziellen Newsletter Schneeverwehungen und warnte vor glatten Straßen. "Wir überarbeiten unser Warnsystem. Wegen eines technischen Fehlers eines Routers sind Testmeldungen versehentlich verschickt worden", klärte die DWD-Sprecherin auf. (dpa)