An Rhein und Ruhr. . Der Weg ins Lehrerleben führt an den Universitäten seit rund fünf Jahren über den Master-Abschluss. Doch noch immer sind Tausende in den alten Studiengängen eingeschrieben. Sie stehen vor dem Aus
Auf dem Papier sieht ein Studium einfach aus: Lernbaustein auf Lernbaustein, dann eine Prüfung – und das alles plausibel in acht Semestern angeordnet. Im wahren Leben jedoch werden aus acht Semestern schon mal zehn oder zwölf. Werden es noch mehr, wird es kritisch – und womöglich gar zum Verhängnis. „Tausenden angehender Lehrer droht die Zwangsexmatrikulation“, sagt Berthold Paschert, bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zuständig für Hochschule und Forschung.
6000 Betroffene allein an der Universität Köln
Allein an der Universität Köln sind noch 6000 Studierende in die alten Staatsexamens-Studiengänge eingeschrieben, auch in Paderborn und Siegen sind jeweils etwa 1500 Studierende betroffen. Die müssen jetzt sehen, dass sie möglichst schnell zur Prüfung antreten, denn die Fristen dafür laufen aus.
Geht es nach den bisherigen Planungen des Landes, werden im Sommer 2016 die letzten Uni-Prüfungen nach dem alten Recht im Bereich Grund-, Haupt- und Realschulen abgenommen, ein halbes Jahr später müssen die angehenden Gymnasiallehrer, Gesamt- und Berufsschullehrer fertig sein. Sonst droht der Rauswurf. Auch an der Universität Duisburg-Essen sind etliche Hundert der 8500 Lehramts-Studierende von der Regelung betroffen.
Selbst Verlängerung der Studienzeit auf sechs Jahre reicht nicht immer
„Es gibt Gespräche zwischen den Prorektoren für Lehrerbildung und dem Schulministerium NRW, die Übergangsfristen zu verlängern“, so Uni-Pressesprecherin Beate Kostka. Auch, wenn es zunächst generös klingt, die normale Studienzeit von vier auf sechs Jahre zu verlängern, bringt sie doch viele Studierende in Nöte.
Gerade an der Universität Duisburg-Essen kommen viele Studierende aus bildungsfernen Haushalten, oft reicht die finanzielle Unterstützung nicht – und Nebenjobs fressen Zeit. Hinzu kommt: Wer sich in der Hochschulpolitik engagiert, ein Auslandsemester einlegt oder gar neben den Pflichtseminaren zusätzlich lernen will, sprengt schnell das Zeitkorsett.
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„Wir suchen in allen Fällen das Gespräch mit den Studierenden“, erläutert Norbert Robers das Vorgehen an der Universität Münster. Oft kommt dabei heraus: Chronische Krankheiten, Elternschaft oder Pflege naher Angehörigen sorgen dafür, dass das Studium deutlich länger dauert.
Selbst in Münster, wo man bereits 2005 auf das Bachelor/Master-Modell umgestellt hat, geht man von 600 Studierenden aus, die nach alter Ordnung studieren und deswegen vom Fristablauf betroffen sind. Neben Münster haben auch die Universitäten Bielefeld, Bochum und Dortmund frühzeitig auf Bachelor/Master umgestellt.
Die Ruhr-Universität war 2002 eine der ersten. Doch bis heute sind noch rund 40 Studierende in den alten Studiengängen, mindestens also im 27. Semester. „Da muss man sicherlich im Einzelfall gucken, ob noch ein ernsthaftes Studieninteresse vorhanden ist“, so Henning Feldmann Geschäftsführer der dortigen „Professional School of Education“ wie dort die für Lehrerausbildung zuständige Stelle im besten Bachelor-Deutsch heißt. Denn das Studentendasein birgt Vorteile bei Krankenversicherung, Nutzung des Nahverkehrs und einigen anderen Rabatten, die der Studierendenausweis so mit sich bringt.
„Land kann die Möglichkeit des Abschlusses nicht verwehren“
GEW-Experte Berthold Paschert indes ist überzeugt, dass bei zahlreichen Studierenden immer noch ein ernsthaftes Interesse besteht, das Studium zu einem sinnvollen Abschluss zu bringen. „Es wäre schade um die vertane Lebenszeit. Und die Landesregierung kann nicht einerseits auf fehlende Lehrer verweisen und andererseits Studierenden die Möglichkeit des Abschlusses verwehren.“
Problematisch sei zum Beispiel, dass beim Umstieg vom alten in den neuen Studiengang nicht alle Leistungen anerkannt würden. Da sei genauso Flexibilität gefragt wie bei der Frage, welche Fristen denn nun angemessen sind. „Wir sollten da Lösungen im Sinne der Studierenden anstreben“, so Paschert. Damit die Studierenden an der Uni nicht bloß fürs Leben, sondern auch für die Schule gelernt haben.