An Rhein und Ruhr. . Statistik der AOK: Die Krankmeldungen wegen Burnouts sind seit 2005 um das 13-fache gestiegen.
Viele arbeiten zu viel. Jeder Vierte macht keine Pausen. Jeder Achte geht auch krank zur Arbeit – die Zahlen der Bertelsmann-Studie sind alarmierend, aber das Phänomen ist nicht neu. Schon vor vier Jahren hat der Unternehmensberater Norbert Hüge einen eigenen Verband fürs Thema Stress gegründet. Seitdem ist er der Bundesvorsitzende des „Deutschen Bundesverbandes für Burnout-Prophylaxe und Prävention e.V.“. „Das Problem nimmt in Deutschland immer noch zu“, sagt er. Und das, obwohl man längst wisse, dass zu viel Stress krank macht und Fehlzeiten produziert. Das untermauert auch die Statistik der AOK, mit 2,5 Millionen Versicherten die größte Krankenkasse im Rheinland: Die Krankmeldungen wegen Burnouts sind seit 2005 um das 13-fache gestiegen.
Dabei gebe es rechtzeitig Warnzeichen, erklärt Hüge. „Wenn man nicht mehr durchschläft, oft gereizt ist, keine Freude an der Arbeit hat, sich aus dem Freundeskreis zurückzieht, sich über nichts mehr richtig freuen kann – dann stimmt was nicht.“ Aber solche Alarmzeichen werden oft ignoriert. Hüge: „Wenn im Auto eine Warnleuchte angeht, fahren wir rechts ran. Wenn bei mir eine Warnlampe aufleuchtet, lege ich eine Decke drüber und mache weiter wie bisher.“
Sie stecken im Teufelskreis fest
So geraten Menschen in einen Teufelskreis. Laut Bertelsmann-Befragung weiß jeder Dritte nicht mehr, wie er den Ansprüchen seiner Firma gerecht werden soll. Und wenn man das Ziel dann mit vielen Überstunden und Verzicht auf Pausen doch noch erreicht, wird dieses Pensum ab sofort der neue Maßstab. Aus diesem Dilemma gebe es kein Entkommen, glaubt jeder zweite Arbeitnehmer. 51 Prozent der Befragten geben an, keinen oder nur geringen Einfluss auf ihre Arbeitsmenge zu haben. Über 40 Prozent sagen das auch über ihre Arbeitsziele.
Für Brigitte Mohn vom Vorstand der Bertelsmann-Stiftung ist klar: Die Unternehmen müssen eingreifen. „Das Management kann die Leistungskultur maßgeblich beeinflussen und durch realistische Arbeitsziele ein gesünderes Arbeitsumfeld schaffen“, sagt sie. Wie das geht? Dazu schlagen die Autoren der Studie regelmäßig verbindliche und realistische Zielvereinbarungsgespräche mit dem Chef vor. Diese Ziele müssen innerhalb der Arbeitszeit erreichbar sein. Gert Kaluza vom GMK-Institut für Gesundheitspsychologie in Marburg appelliert an Arbeitnehmer, ein Gefühl für die eigenen Grenzen zu entwickeln, damit sie ihr Leistungspotenzial langfristig optimal ausschöpfen können.
Von Sport lernen
Da könne man auch vom Sport lernen, sagt Thorsten Flach, Diplom-Psychologe beim Institut für betriebliche Gesundheitsförderung der AOK Rheinland/Hamburg. Nur durch den richtigen Wechsel von Leistung und Pause lasse sich eine Leistungssteigerung erreichen. Jeder müsse selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit übernehmen. Sein Institut hat an einem Leitfaden mit Fragebogen und Tipps mitgearbeitet (siehe Artikel rechts).
Eine generelle Aussage über eine gesunde Arbeitsdauer gebe es nicht, sagt er. „Wer zwölf Stunden arbeitet und sich okay fühlt, gefährdet nicht seine Gesundheit.“ Allerdings verweist er auf das Arbeitsschutzgesetz: „Mehr als zehn Stunden am Tag sind nicht erlaubt.“