Berlin. Es klingt nach Fiktion, ist aber Realität: In Nordirland haben Forschende einen Pilz entdeckt, der sich auf gruselige Art ausbreitet.

Pilze, deren Sporen Spinnen befallen und in Zombies verwandeln, das klingt nach Kino, nach Serien und Videospielen und auf jeden Fall: irgendwie ekelig. Doch fiktiv sind diese pilzbefallenen Krabbler keineswegs, sie sind real und nicht weit entfernt. In Nordirland haben Forschende in einer alten Pulverkammer aus der viktorianischen Zeit einen Pilz entdeckt, der das Verhalten von Spinnen zu seinem Vorteil beeinflusst.

Benannt nach der britischen Naturfilmer-Legende Sir David Attenborough lauert gibellula attenboroughii in dunklen, feuchten Höhlensystemen ihren Opfern auf. Ihren Fund haben die Wissenschaftler im Fachjournal Fungal Systematics and Evolution der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Spinnen in Zombies verwandelt: Natur beflügelt Fantasie

Demnach befällt der Pilz mit Vorliebe die Kleine Höhlenspinne (metellina merinae), die sich normalerweise im Verborgenen aufhält, in Höhlen, aber auch dunklen Ecken von Kammern oder Kellern. Einmal von ihr befallen, bringt gibellula attenboroughii die Tiere dazu, ihre Verstecke zu verlassen, um dann an exponierter Stelle zu sterben. Sämtliche befallenen Spinnen seien an Decken oder Wänden gefunden worden, schreiben die Forschenden.

Ähnliches kennt die Wissenschaft bereits aus dem brasilianischen Regenwald; dort befällt der Ophiocordyceps-Pilz Ameisen, steuert seine Opfer in den Tod und verbreitet sich so. Die Gattung nutzt dabei unter anderem den Botenstoff Dopamin, um das Verhalten der Wirte zu beeinflussen.

„Solche Manipulationen des Wirtes, um Pilzsporen zu verbreiten, haben die Bezeichnung ‚Zombieameisen-Pilz‘ entstehen lassen“, erklärt Studienautor Harry Evans, vom CAB International in einer Mitteilung zu der Studie. In der Folge sei eine Reihe von Büchern zur Thematik sowie das Computerspiel und die dazugehörige Serie „The Last of Us“ entstanden. In dem Spiel endet die Zivilisation, weil ein Pilz Menschen in Zombies verwandelt.

Grusel-Pilz ist „medizinische Schatzkiste“

Evans erklärte bei „Live Science“ genauer, wie der in Irland entdeckte Pilz vorgeht. Sporen dringen in die Spinne ein und zwingen sie, ihr Versteck zu verlassen. Einmal im Freien beginnt gibellula attenboroughii damit, ein Gift zu produzieren, das das Opfer tötet.

Mittels selbstproduzierter Antibiotika erhält der Pilz den Leichnam der Spinne, mumifiziert diesen und ernährt sich von ihr. Bei den richtigen Bedingungen wachsen lange, weise Strukturen auf der Spinne, die dann die Pilzsporen verbreiten.

Was Laien einen Schauer über den Rücken jagt, ist für Evans „eine medizinische Schatzkiste“. Der Forscher denkt dabei vor allem an die Antibiotika, die der Pilz produziert und an deren potenzielle Anwendung in der Humanmedizin. Er geht davon aus, dass noch viele parasitische Pilze auf ihre Entdeckung warten. Bis zu 20 Millionen Spezies könnte das Reich der Pilze umfassen, „aber nur ein Prozent davon haben wir bislang beschrieben“.

Der Pilz hätte im Übrigen fast einen anderen, reichlich onomatopoetischen Namen erhalten: gibellula bangbangus, in Anlehnung an die Pulverkammer, in der das erste Exemplar entdeckt worden war.