Berlin. Sie wollen Ihr Haus oder die Wohnung frühzeitig an Kinder übertragen? Finanztip erklärt, wann Nießbrauch klüger als vererben sein kann.
Viele Immobilien sind in den letzten Jahren erheblich im Wert gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt haben sich die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2022 um rund 94 Prozent verteuert. Aus steuerlicher Sicht kann es deshalb sinnvoll sein, Immobilienvermögen schon zu Lebzeiten auf die nächste Generation zu überschreiben.
Dadurch lassen sich nicht nur die steuerlichen Freibeträge mehrfach ausnutzen. Der Nießbrauch kann zudem dazu dienen, dass die schenkenden Eltern in der Immobilie wohnen bleiben können. Wenn das Haus vermietet ist, können sich die Eltern auch die Mieterträge zur eigenen Altersvorsorge durch einen Nießbrauch sichern.
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Was bedeutet Nießbrauch?
Der Nießbrauch ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt (§ 1030 BGB). Darunter versteht man ein umfassendes Nutzungsrecht am Eigentum. Besonders häufig kommt dieses bei Immobilien vor. Das Nießbrauchsrecht entsteht, indem der Eigentümer jemandem dauerhaft bis zu dessen Lebensende erlaubt, sein Eigentum zu nutzen, ohne dass er oder sie dafür Miete zahlen muss. Das Recht ist an die Person gebunden und erlischt dementsprechend, wenn sie verstirbt.
Charakteristisch ist, dass der Nießbraucher sein Recht weder verkaufen noch vererben kann. Bestellt wird der Nießbrauch an einem Grundstück zu Lebzeiten, indem sich der Eigentümer mit dem Nießbraucher einigt und das Recht ins Grundbuch eingetragen wird. Es ist sogar möglich, zum Beispiel ein Grundstück zu vererben, inklusive des Rechtes auf Nießbrauch.
![Das Haus innerhalb der Familie übertragen: Neben dem Vererben ist Nießbrauch eine gute Alternative. Financial advisor on legacy planning concept. Inherit house or real estate from parents, passing an inheritance to children, father giving house, wealth or property to his children small hand.](https://img.sparknews.funkemedien.de/408138671/408138671_1739120135_v16_9_1200.jpeg)
Dazu ein Beispiel:
- Anton ist verheiratet und hat zwei Töchter aus erster Ehe. Er lebt mit seiner zweiten Frau in einem Haus, das allein ihm gehört.
- Im Testament hat er geschrieben, dass seine Töchter das Haus bekommen sollen. Seine Ehefrau soll aber ein Nießbrauchsrecht daran haben.
- Nach Antons Tod kann seine zweite Frau somit weiter mietfrei bis zu ihrem Lebensende in dem Haus wohnen bleiben oder es sogar vermieten.
- Eigentümerinnen sind allerdings die beiden Töchter.
Wer trägt die Kosten beim Nießbrauch?
Der Eigentümer eines Grundstücks, der daran einer anderen Person einen Nießbrauch eingeräumt hat, teilt sich mit ihr die Abgaben und Kosten für die Immobilie. Besondere Instandhaltungsmaßnahmen muss der Eigentümer zahlen, wenn zum Beispiel eine neue Heizung oder ein neues Dach fällig ist.
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![ARCHIV - 10.04.2017, Berlin: ILLUSTRATION - Ein Formular für die Erbschaftsteuererklärung sowie Stift und Testament liegen auf einem Tisch. Die bayerische Staatsregierung hat ihre seit Monaten immer wieder angedrohte Verfassungsklage gegen die Erbschaftssteuer beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. (zu dpa Bayern klagt gegen Erbschaftssteuergesetz des Bundes](https://img.sparknews.funkemedien.de/406500824/406500824_1718597676_v1_1_200.jpeg)
Der Nießbraucher zahlt wiederum die gewöhnlichen Kosten, wie Grundsteuern und Versicherungsprämien für eine Wohngebäudeversicherung. Es ist auch möglich, die laufenden Kosten für die Immobilie anders zu regeln, als es das Gesetz vorsieht – mit einer individuellen Vereinbarung.
Nießbrauch oder Wohnrecht: Was ist besser?
Es gibt auch noch eine andere Variante: das Wohnrecht auf Lebenszeit. Dieses bietet rechtlich aber weniger Möglichkeiten als der Nießbrauch. Denn der Inhaber eines Wohnrechts kann die Immobilie zwar selbst bewohnen, sie aber nicht vermieten. Anders beim Nießbrauch: Will der Nießbraucher nicht mehr in der Immobilie leben, kann er mit seinem Nießbrauch Mieteinnahmen erwirtschaften. Wer also seine Immobilie verschenken möchte und sich gleichzeitig möglichst weitreichende Rechte an der Immobilie sichern will, für den ist der Nießbrauch besser als das Wohnrecht.
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Sowohl der Nießbrauch als auch das Wohnrecht enden mit dem Tod der berechtigten Person; beide gelten weiter, wenn die Immobilie verkauft wird. Ein neuer Eigentümer muss also Nießbrauch und Wohnrecht akzeptieren.
Mit Nießbrauch Steuern sparen
Die Schenkung mit Nießbrauch hat eine wichtige steuerliche Folge: Der Nießbrauch verringert den Wert einer Immobilie, wodurch weniger Schenkungs- oder Erbschaftssteuer anfällt. Auch dazu ein kurzes Beispiel:
- Beatrix ist 60 Jahre alt, sie besitzt eine Eigentumswohnung in Tübingen im Wert von 450.000 Euro.
- Schenkt sie die Wohnung ihrem Sohn Christopher, steht ihm ein Freibetrag von 400.000 Euro zu. 50.000 Euro müsste er mit sieben Prozent versteuern. Das Finanzamt bekommt dadurch 3500 Euro.
- Überschreibt Beatrix die Wohnung mit Nießbrauch, verringert sich der Wert der Immobilie um rund 150.000 Euro. Der Sohn muss keine Schenkungssteuer zahlen, da der Wert der Eigentumswohnung nun unterhalb des Freibetrags liegt (450.000 Euro minus 150.000 Euro = 300.000 Euro).
Übrigens: Da Frauen statistisch länger leben, ist ihr Nießbrauchsrecht mehr wert.
Die genaue Berechnung, weitere Tipps und Informationen hat Finanztip im Ratgeber Nießbrauch zusammengestellt.
Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Deutschlands führender Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.
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