Berlin. Sandwichkinder gelten oft als Problemkinder – zu Unrecht. Eine neue Studie zeigt: Mittelkinder sind besonders kooperativ und sozial.

Nesthäkchen gelten als charmant und selbstbewusst, Erstgeborene als pflichtbewusst und verantwortungsvoll, und die Kinder in der Mitte? Sie stehen meist im Schatten ihrer Geschwister – zu Unrecht, wie eine neue Studie kanadischer Wissenschaftler zeigt.

Die Forscher haben die oft übersehenen „Sandwichkinder“ genauer unter die Lupe genommen und räumen nun mit gängigen Klischees über Geschwisterpersönlichkeiten auf. Das überraschende Ergebnis: Gerade die Zwischenkinder glänzen mit beeindruckenden Persönlichkeitsmerkmalen.

Neue Studie über die Persönlichkeit von Geschwisterkindern

Die in der Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlichte Studie von Michael Ashton von der Brock University und Kibeom Lee von der University of Calgary zeigt Erstaunliches: Sandwich-Kinder – also Kinder mit älteren und jüngeren Geschwistern – zeichnen sich durch überdurchschnittliche Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Verträglichkeit aus.

Für ihre Analyse haben die Forscher mehr als 700.000 Persönlichkeitsprofile mit dem bewährten HEXACO-Modell erfasst. Dieses Modell umfasst sechs Faktoren, die zur Erstellung eines Persönlichkeitsprofils herangezogen werden können: Ehrlichkeit-Bescheidenheit, Emotionalität, Extraversion/nach außen Gewandtheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen.

Sandwich-Kinder: Die unterschätzten Helden der Familie

Vor allem in der Kategorie „Ehrlichkeit-Bescheidenheit“ erreichten die Sandwich-Kinder Spitzenwerte. Laut den Forschern handelt es sich bei diesem Persönlichkeitstyp um Menschen, die weder manipulativ noch egoistisch sind, sich wenig um Statussymbole kümmern und grundsätzlich kooperativ sind.

Auch Letztgeborene schnitten in der Studie gut ab, wenn auch etwas schlechter als die Sandwich-Kinder. Erstgeborene und Einzelkinder landeten auf den hinteren Plätzen, zeigten aber andere Stärken: Sie waren tendenziell offener für neue Erfahrungen. Diese Unterschiede waren jedoch weniger ausgeprägt, wenn die Befragten in ihrer Kindheit religiös erzogen wurden.

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Einfluss der Geschwister größer als angenommen

Auch die Frage, ob die Anzahl der Geschwister die Persönlichkeit beeinflusst, beschäftigte die Forscher. Dazu führten Michael Ashton und Kibeom Lee eine zweite, kleinere Stichprobe mit rund 75.000 Teilnehmern durch. Dabei stellten sie fest, dass Menschen mit vielen Geschwistern höhere Mittelwerte in den Kategorien Ehrlichkeit-Bescheidenheit und Verträglichkeit aufweisen.

„Es liegt nahe, dass man, wenn man mehr Geschwister hat, häufiger kooperieren muss, anstatt egoistischen Präferenzen zu folgen“, erklären die Wissenschaftler. Insgesamt widerlegt die Studie damit bisherige große Untersuchungen, die keinen Zusammenhang zwischen bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen und der Geburtenreihenfolge gefunden hatten: Die neuen Daten deuten darauf hin, „dass sich die Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen in Abhängigkeit von der Geburtenreihenfolge und der Geschwistergröße unterscheidet“, so die Forscher.