Berlin. Seit dem Frühjahr breitet sich das Vogelgrippevirus H5N1 in den USA aus. Eine Studie zeigt, wie sich der Erreger verbreitet – und wie nicht.

Seit April befällt das Vogelgrippe-Virus H5N1 in den Vereinigten Staaten Milchkühe. Die Angst bestand, dass das Virus auch für die Menschen gefährlich werden könne. Doch dem scheint glücklicherweise nicht so zu sein.

Denn jetzt haben Forscher herausgefunden: Zwischen Kühen wird H5N1 hauptsächlich über die Milch übertragen – wahrscheinlich primär über das Melkgeschirr. Über die Atemluft geben infizierte Tiere den Erreger vermutlich nicht weiter. Das berichtet eine Gruppe um Martin Beer vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald und Jürgen Richt von der Kansas State University in Manhattan nach Versuchen im Fachjournal „Nature“. 

Offensichtlich ist es so, dass das Virus sich nur an den Zellen des Euters andocken kann. Beer sagte gegenüber der „Tagesschau“: „Das Euter ist experimentell nachgewiesen ein zentraler Ort, der die Replikation, die Vermehrung, ermöglicht.“ Das „Problem“ des Virus: Weder an der Nase noch den oberen Atemwegen könne es sich mit einem Wirt verbinden.

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Vogelgrippevirus befiel Milchkühe in Texas

In den Experimenten hatten die Forscher Kälber und Milchkühe mit H5N1 infiziert, insbesondere mit der Variante B3.13. Diese war im März bei Milchkühen im US-Staat Texas gemeldet worden, Anfang August waren 190 Milchviehbetriebe in 13 US-Bundesstaaten davon betroffen. Vereinzelt wurden auch Fälle bei Menschen in solchen Betrieben registriert.

Die Variante B3.13 sei eine Mischung aus einem ursprünglich europäischen und einem nordamerikanischen Vogelgrippevirus, schreiben die Autoren. Demnach sprang dieser Erreger vermutlich Ende 2023 oder Anfang 2024 auf Rinder über und breitete sich dann aus.

Beer, Richt und Kollegen untersuchten nun gezielt, wie Infektionen ablaufen. Dazu infizierten sie zunächst Holsteinrind-Kälber über Nase und Mund mit der Variante B3.13 und gaben zwei Tage später drei weitere Kälber zu der Gruppe. Zwar registrierte das Team bei einzelnen der ursprünglich infizierten Tiere vermehrte Nasenschleimbildung und Husten, aber kein Fieber und keine sonstigen Krankheitssymptome. Auch Appetit und Aktivität blieben normal.

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Vogelgrippevirus: Über das Euter infizierte Milchkühe zeigen deutliche Symptome

Die nachträglich zu der Gruppe gegebenen Kälber steckten sich nicht an. Sieben Tage nach der Infektion war nur bei der Hälfte der ursprünglich infizierten Kälber eine geringe Menge an Virenerbgut in Gewebe der oberen Atemwege zu finden. Blut und anderes Gewebe enthielten keine Virus-RNA.

Ganz anders sah es bei Milchkühen aus, die über das Euter infiziert worden waren. Sie zeigten schon einen Tag nach der Infektion einen beeinträchtigten Allgemeinzustand, Haltungsstörungen und Lethargie. Die Milchproduktion sank bei all diesen Kühen um über 90 Prozent.

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Am zweiten Tag nach der Infektion wurde die Milch schleimig und zähflüssig, sie trennte sich schnell in flüssige und feste Bestandteile auf. Das betraf sowohl jene Kühe, die mit der Variante B3.13 infiziert worden waren, als auch drei Versuchstiere, denen eine verwandte europäische H5N1-Variante verabreicht worden war.

Vogelgrippe: Keine Übertragung von Mensch zu Mensch gemeldet

In beiden Gruppen wurde jeweils eine Kuh so krank, dass sie am dritten Tag nach der Infektion eingeschläfert werden musste. Milchproben beider Gruppen zeigten hohe Virenlasten. Autopsien ergaben, dass in den Milchdrüsen eine erhebliche Anzahl an Zellen abgestorben war. Bei genetischen Untersuchungen fanden die Forscher eine Mutation, die wohl die Vermehrung des Virus in bestimmten Zellen des Euters ermöglicht.

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Allerdings gibt es eine Einschränkung zur Aussagekraft der Studie: Man habe eine frühe Variante des bovinen H5N1-Virus aus den USA untersucht und nur an einer kleinen Zahl von Tieren testen können, heißt es vom FLI.

„Glücklicherweise wurde bisher keine Übertragung von Mensch zu Mensch gemeldet“, schreiben die Studienautoren. „Das stützt die Annahme, dass diese Stämme noch keine kritischen Barrieren überwunden haben, um eine Übertragung von Mensch zu Mensch zu ermöglichen.“