Berlin. Clara lebt mit einer Krankheit, die ihre Haut verletzlich macht. Auf Instagram zeigt sie ihren Alltag – und inspiriert damit Millionen.
- Die 24-jährige Clara Ziegler wurde mit der schweren Hauterkrankung Epidermolysis Bullosa geboren
- Die sogenannte Schmetterlingskrankheit macht ihre Haut extrem anfällig für Verletzungen
- Wie Clara es dennoch schafft, ihr Leben nicht völlig von der Krankheit bestimmen zu lassen, erklärt sie hier
Blasen auf der Haut, offene Wunden, starke Schmerzen: Schon leichte Reibungen oder Stöße können für Clara Ziegler schlimme Folgen haben. Der Grund dafür liegt in ihren Genen. Die 24-Jährige hat Epidermolysis Bullosa (EB), eine genetisch bedingte Hautkrankheit.
Weil die Haut der Betroffenen so empfindlich ist wie die Flügel eines Schmetterlings, wird EB auch Schmetterlingskrankheit genannt. Täglich müssen Claras Verbände gewechselt werden, eine schmerzhafte Prozedur. „Das kann zwei bis drei Stunden dauern“, sagt sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Jeden Tag nimmt sie starke Opiate gegen die Schmerzen.
Hautkrankheit: Die Schmetterlingskrankheit ist extrem selten
Die Schmetterlingskrankheit wird vererbt und ist extrem selten, etwa jedes 17.000. Kind weltweit wird damit geboren. Bei Claras Form, Epidermolysis Bullosa dystrophica (EBD), sogar nur jedes 120.000. Kind. Doch was ist EB? Normalerweise sind Proteine dafür zuständig, die Hautschichten zusammenzuhalten. Bei Menschen mit EB ist das anders. Mindestens eines der Proteine, die die Hautschichten verbinden, ist bei ihnen defekt. Deshalb haften die Hautschichten nicht richtig aufeinander.
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Es bilden sich Wunden und Blasen, die Schmerzen verursachen und geöffnet werden müssen. Wegen der ständigen offenen Wunden steige das Risiko für andere Infektionen sowie für Hautkrebs, so die Selbsthilfeorganisation Debra. Bei schweren Verläufen könne die Krankheit die Lebenserwartung der Betroffenen stark verkürzen.
Seltene Krankheiten: Bei der schweren Form von EB sind auch Augen betroffen
EB hat unterschiedliche Formen. Bei der leichtesten und häufigsten Form sind die Blasen oberflächlich und verheilen schnell. Bei den schweren Formen sind auch tiefere Hautschichten betroffen. Außerdem können Schleimhäute und Augen betroffen sein. Bei einigen Menschen kann sich die Speiseröhre verengen, was zusammen mit den empfindlichen Mundschleimhäuten die Nahrungsaufnahme erschwert. Clara hat eine Magensonde, kann sich aber normal ernähren, wenn auch nur mit weichen Lebensmitteln.
Eine weitere Folge von EB: Durch Wunden und Vernarbungen ziehen sich die Finger immer weiter nach innen und wachsen schließlich zusammen. So wie bei Clara. Nur ihr rechter Daumen ist nicht mit eingewachsen. „Dreimal wurden meine Hände schon operiert. Bei der dritten OP konnten nur noch die Daumen freigelegt werden“, sagt Clara. Die Behandlung der Symptome ist die einzige Möglichkeit, die Beschwerden zu lindern. Denn eine Therapie für die unheilbare Krankheit gibt es nicht.
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Dieses Erlebnis kostete Clara beinahe das Leben
Sie habe ihre Erkrankung angenommen, sagt Clara, auch wenn sich ihr Gesundheitszustand seit ihrer Kindheit und Jugend verschlechtert habe. Dass es Clara heute schlechter geht als vor einigen Jahren, liegt an einem einschneidenden Erlebnis, das sie beinahe das Leben kostete.
Im Herbst 2019 erlitt Clara eine schwere Blutvergiftung. Wochenlang sei es ihr immer schlechter gegangen, doch die Ursache blieb unentdeckt. „Fast mein ganzer Körper war mit offenen Wunden übersät, die Schmerzen waren kaum auszuhalten“, erzählt Clara. Sie musste sich immer häufiger krankschreiben lassen, konnte irgendwann nur noch im Bett liegen. Schließlich kam sie ins Universitätsklinikum Freiburg. Erst dort sei die Blutvergiftung festgestellt worden. „Ich bin in der ersten Nacht zusammengebrochen“, sagt Clara. Tagelang kämpfte sie um ihr Leben.
Kraft fand die 24-Jährige in ihrer Familie. „Meine Eltern waren die ganze Zeit da.“ Schließlich wurde sie in ein anderes Krankenhaus verlegt, medikamentös neu eingestellt. „Kurz vor Weihnachten konnte ich nach Hause“, sagt Clara. Doch bis sie sich wirklich von dem strapaziösen Erlebnis erholt habe, seien zwei Jahre vergangen. Seither ist sie noch mehr auf ihren Rollstuhl angewiesen. Der Alltag wird damit zur Herausforderung, zum Beispiel durch Kopfsteinpflaster und Stufen.
Trotzdem: Mitleid wolle sie nicht, sagt Clara, ihr Rollstuhl bedeute für sie Freiheit. „Ohne ihn könnte ich nirgendwohin. Nicht der Rollstuhl ist das Problem, sondern die Barrieren im Alltag.“ Sie kämpft für ein besseres Bewusstsein für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung. „Ich wünsche mir, dass Menschen mit echtem Interesse nachfragen, anstatt mich anzustarren.“
Zeichnen, Sport und therapeutisches Reiten gehören zu Claras Alltag
Ein Mädchen habe sie gefragt, was sie überhaupt machen könne, erzählt Clara. „Ich kann sehr vieles machen, nur ein bisschen anders und mit Unterstützung. Es gibt vieles, was Menschen mir nicht zutrauen, zum Beispiel schreiben, zeichnen oder auf dem Handy tippen“, sagt Clara. Sofern ihr Zustand es zulässt, geht sie einmal in der Woche zum Sport und zum therapeutischen Reiten.
Wie sie diese Aktivitäten macht, zeigt sie auf Instagram. Etwa 50.000 Menschen folgen ihr dort. Die Resonanz auf ihre Beiträge ist groß, einige Videos haben Millionen Aufrufe. Clara berichtet von den Folgen ihrer Erkrankung, von den Schwierigkeiten im Alltag, von Arztbesuchen, Diagnosen und den psychischen Belastungen durch EB. Doch die Bilder, die die 24-Jährige auf ihrem Account „schmetterlingclara“ postet, sind farbenfroh, fast immer lächelt sie. Clara zeigt sich beim Eisessen, beim Festumzug, auf dem Weihnachtsmarkt, bei Konzerten. Ihre Botschaft: „Meine Krankheit gehört zu meinem Leben, aber sie ist nicht mein Leben.“
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