Berlin. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 breitet sich in Kuhherden in den USA aus und infiziert auch Menschen. Infektiologe Leif Erik Sander warnt.

Die Welt sollte sich nach Auffassung des Berliner Infektiologen Prof. Leif Erik Sander konsequent auf eine mögliche Pandemie mit dem Vogelgrippevirus H5N1 vorbereiten. Dem Experten zufolge bestehe eine realistische Gefahr, dass sich das Virus in absehbarer Zeit durch Anpassung oder Vermischung mit saisonalen Grippeviren von Mensch zu Mensch verbreite.

„Eine Veränderung des Virus, das wir seit Jahrzehnten in Asien beobachten, hat in recht kurzer Zeit dazu geführt, dass es sich über Wildvögeln weltweit verbreitet hat“, sagte Sander am Dienstag (9.7.). Dann seien Meldungen von infizierten Säugetieren hinzugekommen – Katzen, Nerze oder Seelöwen, jetzt auch von Milchkühen in den USA. „Das heißt, dass Anpassungen auch relativ schnell passieren können.“

Laut dem Direktor der Klinik für Infektiologie an der Berliner Charité bereite sich die Welt schon lange auf eine Pandemie mit Influenzaviren vor. Deswegen gebe es Musterimpfstoffe oder auch Medikamente, die gegen H5N1 wirken sollten. „Wir haben die Instrumente und wir wissen ganz gut, wie man Influenzaviren eindämmen kann. Jetzt muss man die Instrumente und Vorkehrungen herausholen und aktivieren, um für den Fall einer Pandemie gerüstet zu sein“, so Sander.

Vogelgrippe: Noch gibt es keinen Impfstoff für Rinder

Anders als beim Kampf gegen das Corona-Virus müsse dabei der Prototyp eines Impfstoffes nicht erst entwickelt werden. Dieser sei von mehreren Herstellern bereits vorhanden, müsste aber an H5N1 angepasst und dann produziert werden. Darüber hinaus arbeite der US-Pharmakonzern Moderna an dem ersten Influenza-Impfstoff auf Basis der mRNA-Technologie. Dass eine Impfung gegen die saisonale Grippe Menschen vor H5N1 wirksam schützen könnte, davon könne man laut Leif Erik Sander nicht ausgehen.

Der Infektiologe aus Berlin fordert darüber hinaus, den Ausbruch bei Milchkühen in den USA konsequent zu bekämpfen. Dort waren nach Angaben der Behörden zuletzt bereits mehr als 130 Herden in zwölf Bundesstaaten betroffen. Vier Menschen hatten sich nachweislich infiziert.

Infektiologe fordert konsequente Testung von Kühen

„Ich bin der Meinung, dass auch ein Impfstoff für Rinder entwickelt werden sollte, um die Bestände impfen zu können, jedoch sind klassische Eindämmungsmaßnahmen jetzt vordringlich.“ Dazu gehört die vermehrte Testung von Kühen, die Isolierung infizierter Tiere und verstärkte Hygiene beim Melken. Je besser die Verbreitung von H5N1 in Rindern in den USA unterbunden werde, desto zuverlässiger sinke das Risiko einer weiteren Anpassung des Virus, so Sander.