Hamburg.. Die Strategie der Tankstellenketten scheint aufzugehen: Weil Autofahrer nicht den Biokraftstoff E 10 tanken wollen, steigen sie auf das teurere Super Plus um. Dabei fand der ADAC heraus, dass E 10 gar nicht schädlich ist.
Die offizielle Statistik des deutschen Mineralölwirtschaftsverbandes in Hamburg ist unbestechlich. Der Absatz der teuren Spritsorte Super Plus hat sich im ersten Quartal 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verfünffacht. Das zweifellos ist eine Folge der völlig verunglückten Einführung des Superkraftstoffs E10 mit zehnprozentigem Biospritanteil. Bloß welche?
Das erste Erklärungsmuster: Scheinbar scheuen die Autofahrer vom als „Öko-Plörre“ beschimpften E10 zurück, weil sie Motorschäden befürchten. Einer Überprüfung hält diese Theorie nicht stand, schließlich könnten alle Verunsicherten ja weiterhin das konventionelle Super mit fünfprozentigem Biospritanteil (E5) einfüllen.
Aber nur, wenn sie Super E5 überhaupt noch an ihrer Tankstelle angeboten bekommen und nicht nur Super Plus mit ebenfalls fünf Prozent Ethanolanteil. Das fällt laut dem Vergleichsportal „Clever tanken“ im Bundesschnitt fünf Cent teurer aus als E10. Hintergrund: Die Tankstellenbetreiber sind verpflichtet, neben E10 eine sogenannte „Schutzmarke“ E5-Sprit anzubieten, die sie sich aussuchen können. Super Plus bringt nur bei sehr wenigen Fahrzeugen ein kleines Plus in der Leistungsspitze gegenüber Super E5.
Kein E 10 im Ruhrgebiet
An wie vielen der 14 700 deutschen Tankstellen die Schutzmarke aus dem teuren Super Plus besteht, darüber schweigt sich die Branche eisern aus. In NRW und besonders im Ruhrgebiet tritt die Problematik nicht auf, da hier bislang fast nirgendwo E10 angeboten wird.
ADAC testete Biosprit
Gewinner dieser Entwicklung sind die Tankstellenketten. Im Endeffekt profitieren sie von der Panikmache bei der E10-Einführung Anfang des Jahres. Dabei gibt es bis jetzt keinen einzigen dokumentierten Fall eines Schadens durch E10.
Zu den größten Bedenkenträgern zählte der ADAC. Seine Warnung, schon bei einmaliger Fehlbetankung mit E10 drohe der Motortod, zumindest aber ein aufwendiges Entleeren des Tanks und aller Benzinleitungen, schürte die Verunsicherung des Autofahrervolkes. Jetzt überrascht der ADAC mit einem Praxistest. Die gelben Engel kauften einen angeblich besonders für E10 ungeeigneten Wagen mit einer Benzindirekteinspritzung der ersten Generation und betankten ihn gnadenlos ausschließlich mit dem angeblich zersetzenden E10. Inzwischen fährt der Opel Vectra seit über 16 000 Kilometern pannenfrei. Und günstiger als mit Super Plus.