London. Frauen erkennen am Gesicht eines fremden Mannes, ob dieser eher treu ist oder nicht. Das ergab eine australische Studie. Männer hingegen lagen bei dem Experiment mit ihrer Einschätzung häufig falsch.
Frauen können einem fremden Mann am Gesicht ablesen, ob er eher treu ist oder nicht. Sie stufen dabei besonders männliche Gesichtszüge unbewusst als Anzeichen für eine eher polygame Einstellung ihres Gegenübers ein - und liegen dabei in vielen Fällen durchaus richtig, wie ein Experiment australischer Forscher zeigt.
Frauen bewerteten dabei die Porträtfotos ihnen unbekannter Männer signifikant häufig korrekt. Ihre Einschätzung habe mit der Vorgeschichte der Abgebildeten und deren Einstellung zu Beziehungen übereingestimmt. Das zeige, dass tatsächlich ein Körnchen Wahrheit daran sei, dass man einen Hang zur Untreue am Gesicht ablesen könne, konstatieren die Wissenschaftler im Fachmagazin "Biology Letters". Männer dagegen hatten beim Bewerten von Porträtfotos meist die besonders attraktiven, femininen Frauen für untreu gehalten - und lagen dabei fast immer falsch.
Gesicht spielt bei der Partnerwahl wichtige Rolle
"Den ersten Eindruck von einem Menschen bilden wir uns oft anhand seines Gesichts", erklären Gillian Rhodes und ihre Kollegen von der University of Western Australia in Perth. Es verrate gängiger Ansicht nach viel über das Wesen eines Menschen, aber gebe auch Hinweise auf dessen Gesundheit, Intelligenz oder Fruchtbarkeit. Vor allem bei der Partnerwahl spielen solche unbewusst wahrgenommenen Signale eine wichtige Rolle.
Ob aber das Gesicht auch Rückschlüsse auf die Beziehungsgeschichte oder die Neigung zur Treue oder Untreue erlaubt, sei bisher unbekannt gewesen, sagen die Forscher. "Wir liefern nun den ersten Beleg dafür, dass es tatsächlich ansatzweise möglich ist, die Treue eines anderen an dessen Gesicht abzulesen - zumindest für Frauen", schreiben Rhodes und ihre Kollegen. Die auf unterschwelligen Signalen und bestimmten Gesichtsmerkmalen beruhende Einschätzung sei zwar nicht immer zutreffend, es sei aber bemerkenswert, dass es überhaupt eine Übereinstimmung mit dem Beziehungsverhalten gebe.
Seitensprung oder nicht
Für ihre Studie nutzten die Forscher Porträtaufnahmen von 101 Männern und 88 Frauen. Diese waren zuvor nach ihrer Einstellung zu Beziehungen und Treue befragt worden und hatten entweder schon mindestens einmal einen Seitensprung hinter sich oder waren ihren Partnern immer treu gewesen.
Im eigentlichen Experiment zeigten die Wissenschaftler 34 Probandinnen diese Porträts der ihnen völlig unbekannten Männer und 34 Männern die Porträts der Frauen. Die Probanden sollten dabei zum einen die Treue oder Untreue des oder der Dargestellten bewerten und andererseits deren Aussehen nach Kriterien wie Attraktivität, Weiblichkeit oder Männlichkeit und Vertrauenswürdigkeit beurteilen.
Höhere Trefferquote bei Frauen
Das Ergebnis: Bei der Einschätzung der Treue oder Untreue habe die Trefferquote der Frauen im mittleren Bereich gelegen, berichten Rhodes und ihre Kollegen. Männer hätten dagegen keinerlei signifikante Übereinstimmungen zur tatsächlichen Einstellung der dargestellten Frauen erzielt. "Männer neigten eher als Frauen dazu, untreue Personen irrtümlich als treu einzuschätzen", erklären die Forscher. Den männlichen Probanden sei dieser Fehler in 77 Prozent der Fälle unterlaufen, den weiblichen nur in 38 Prozent.
Wie die Wissenschaftler berichten, zeigten sich auch deutliche Unterschiede darin, welche Merkmale die beiden Geschlechter - bewusst oder unbewusst - als Bewertungskriterien nutzten. Männer hätten vor allem die Frauen als untreu eingestuft, die sie gleichzeitig als besonders attraktiv und feminin empfanden. Bei den Frauen sei dagegen kein Zusammenhang mit der Attraktivität der dargestellten Männer nachweisbar gewesen. Sie stuften dafür die Männer signifikant häufiger als untreu ein, die sie als besonders maskulin bewerteten. (dapd)