Rom. Trägt jeder einzelne Tourist Verantwortung, dass ein Welterbe wie Venedig nicht zerstört wird? Die deutsche Kulturstaatsministerin meint schon.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters fordert nach dem Kreuzfahrtschiff-Unfall in Venedig auch von Besuchern der Stadt mehr Verantwortungsgefühl. «Ich selbst würde nie mit einem Kreuzfahrtschiff nach Venedig fahren», sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur bei einem Besuch in Rom. «Als Bürgerin aber auch als Kulturmensch würde ich viel lieber eine Art Eintritt als Besucherin in Venedig zahlen, als mit ansehen zu müssen, wie Kreuzfahrtschiffe dieses Menschheitskulturerbe zerstören.»
Vor knapp zwei Wochen hatte ein Kreuzfahrtschiff eine Anlegestelle im zentralen Giudecca-Kanal gerammt und war mit einem Touristenboot zusammengestoßen. Mehrere Menschen wurden verletzt. Die Stadt und die Regierung in Rom diskutieren seit Jahren, ob und wie die riesigen Kreuzer die Unesco-Stadt umfahren sollen.
Kritik am Profit mit Schiffen
Grütters kritisierte den Profit, der mit den Schiffen gemacht werde. «Die schönste Stadt der Welt, eine der fragilsten und am meisten gefährdeten dazu, wird genau von dem Tourismus bedroht, von dem sie doch eigentlich lebt. Das kann man nicht verstehen: statt das Weltwunder Venedig zu schützen, werden diese monströsen Schiffe gegen Geld in die Lagune gelassen.» Es sei «unbegreiflich, dass das jemals zugelassen werden konnte - kein Geld der Welt kann diese Zumutung rechtfertigen». Der Kreuzfahrttourismus müsste schnell eingeschränkt werden, «damit Venedig überlebt».
Grütters war zu Verabschiedung des Direktors der deutschen Kunstakademie Villa Massimo, Joachim Blüher, in Rom. Dort führte sie auch Gespräche mit Italiens Kulturminister Alberto Bonisoli und dem Kulturminister des Vatikans, Kardinal Gianfranco Ravasi.
Probleme mit Touristenmassen hat aber nicht nur Venedig. Städte wie Rom oder Berlin leben vom Tourismus, leiden gleichzeitig aber auch darunter. Grütters sieht die Städte in der Pflicht, ihre Kulturstätten zu schützen. «Es gibt keine bewusste kollektive Rücksichtslosigkeit, sondern eher eine Verzagtheit beim Einfordern von Verhaltensregeln und Umgangsformen», sagte sie. «Mit dem Geld, das man durch den Tourismus einnimmt, könnte man herausragende Kulturstätten auch in diesem Sinne stärker unterstützen.» Man könne entsprechendes Personal einsetzen, dass auf Verhaltensregeln hinweist. «In Kirchen zum Beispiel gibt es da auch gute Erfahrungen.» (dpa)