Saarbrücken/Frankfurt/Main. Jahrzehnte verfolgten Millionen Zuschauer gespannt die Ziehung der Lottozahlen im TV. Jetzt rollen die Kugeln dort zum letzten Mal. Die entscheidenden Momente sind live nur noch am Computer mitzuverfolgen. Unterdessen sollten nach Ansicht der deutschen Lotto-Gesellschaften legale Internet-Wetten vereinfacht werden.

Nach fast einem halben Jahrhundert geht ein Stück deutscher Fernsehgeschichte zu Ende und Millionen Lottospieler müssen sich umgewöhnen. An diesem Samstag wird die "Ziehung der Lotto-Zahlen" zum letzten Mal live im Fernsehen übertragen (ARD, 29.6., 23.15 Uhr).

Besonderes ist laut Hessischem Rundfunk nicht geplant. "Wir werden nur journalistisch auf die neue Sendeform hinweisen", sagt HR-Sprecher Christian Bender. Denn künftig wird Lotto-Fee Franziska Reichenbacher immer samstags vor der Tagesschau (19.57 Uhr) die Glückszahlen präsentieren. "Statt Ziehungsgerät wird ein Touchscreen im Mittelpunkt stehen."

Kurz vor der Bekanntgabe im TV werden die Glückszahlen künftig in einem Studio in Saarbrücken ermittelt. Der Nervenkitzel der Ziehung ist dabei ganz im Sinn der neuen Mediengewohnheiten der jungen Generation nur im Internet live mitzuerleben. Für das Fernsehen hat nach Feststellung der Macher das "Event" seinen Reiz verloren. "Der Vorgang ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Bender. Die ARD-Macher störte zudem der unregelmäßige Sendzeitpunkt - nach der Samstagabend-Show, vor den "Tagesthemen" und dem "Wort zum Sonntag".

Zum letzten Mal "Lotto am Mittwoch"

Beim ZDF sollte bereits an diesem Mittwoch Schluss (26.6., 18.50 Uhr) sein. "Das Lotto am Mittwoch" soll zwar seinen Sendeplatz kurz vor der "heute"-Sendung behalten. Die zuvor gezogenen Zahlen sollen aber nicht mehr von einer Moderatorin präsentiert werden. Auch beim Zweiten denkt man, die TV-Ziehung passe nicht mehr in unsere Zeit. Der Mainzer Sender präsentierte das Mittwochslotto seit 1982, der HR die Samstagsabend-Ziehung seit 1965. Zuletzt verfolgten aber nur noch überwiegend ältere Menschen das "Event".

Das Gesicht der
Das Gesicht der "Ziehung der Lottozahlen" in der ARD: Franziska Reichenbacher. © SonyBMG | SonyBMG

Derweil laufen die Vorbereitungen für die künftigen Ziehungen in einem Studio beim Saarländischen Rundfunk auf Hochtouren. "Es läuft alles nach Plan", berichtet der Geschäftsführer von Globe tv, Axel Biehl. Die Glückskugeln sollen nach der bisherigen Planung künftig mittwochs um 18.25 Uhr und samstags um 19.25 Uhr rollen.

Im neuen "frischen" Studio soll weiß dominieren, um die Internet-Übertragung zu erleichtern - kombiniert mit den Lotto-Farben rot und gelb. Das ganze soll im Wechsel von zwei "frischen, attraktiven Moderatorinnen" präsentiert werden. Die beiden neuen Lotto-Feen wurden bei einem Casting ausgewählt. Über die Namen hüllt sich Saar-Lotto bisher in Schweigen. Das Geheimnis soll erst an diesem Freitag gelüftet werden.

Lotto-Gesellschaften fordern einfachere Regeln für Internet-Wetten

Unterdessen sollten nach Ansicht der deutschen Lotto-Gesellschaften legale Internet-Wetten vereinfacht werden. Der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) begrüßte am Mittwoch zwar, dass seit Inkrafttreten eines neuen Glücksspielvertrags zwischen den Bundesländern vor einem Jahr wieder geregelt im Internet gespielt werden darf. Die Geschäftsführer von Saar-Toto, Michael Burkert und Peter Jacoby, kritisierten aber in Saarbrücken die oft umständlichen Vorschriften für Spieleridentifizierung und Konzessionsvergabe.

Dies führe dazu, dass viele Tipper zu illegalen Anbietern getrieben würden. Burkert und Jacoby forderten eine bundeseinheitliche Regelung zur Spieleridentifizierung, wie sie bereits in Niedersachsen gilt. Diese laufe dort "einfach, sicher und schnell über eine Schufa-Abfrage" ab. Dagegen müsse sich ein Tipper etwa im Saarland erst im Internet anmelden, dann ein Formular ausdrucken und sich mit diesem bei einer Lotto-Annahmestelle identifizieren. "60 Prozent der Spieler machen das nicht mit und brechen vorher ab", sagte Jacoby.

Seriöse Sportwettenanbieter werden ausgebremst

Saar-Toto hat derzeit die Federführung im DLTB. Dieser kritisierte zudem die lange Dauer bis zur Vergabe einer Konzession an Sport-Wettenanbieter. Das Verfahren dauere oft mehrere Monate. Auch dies begünstige illegale Anbieter, die vom Ausland aus operierten und ohne Lizenz ihr Geschäft weiter betrieben. "Seriöse" Sportwettenanbieter werden ausgebremst", betonte Jacoby.

Jacoby und Burkert zogen eine positive Bilanz der seit Mai geltenden neuen Bedingungen beim Hauptprodukt Lotto 6 aus 49. Diese hätten dem Lotto in Deutschland einen "Schub" verliehen. In diesem Bereich sei der Umsatz im ersten Halbjahr 2013 um 28,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen.

Seit Mai kostet ein Lotto-Kästchen einen Euro, 25 Cent mehr als zuvor. Dafür gibt es mehr Geld in der ersten Gewinnklasse zu gewinnen: Zudem  wurde eine neuen Gewinnklasse eingeführt und die Zusatzzahl abgeschafft. Insgesamt lag der Umsatz im DLTB den Angaben zufolge in der ersten Hälfte 2013 bei 3 Milliarden Euro, ein Plus von gut 7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. (dpa)