Braunschweig. Hotspots vor der Haustür: Um zu Klettern muss es nicht gleich in die Alpen gehen, auch in Niedersachsen gibt es viele Möglichkeiten.
Raus aus der Sporthalle, rein in die Natur: Klettern gehört zu den Freizeitbeschäftigungen, die auch in Corona-Zeiten Spaß machen. Dafür muss es nicht gleich in die Alpen gehen, auch in Niedersachsen gibt es viele Möglichkeiten. Doch worauf sollten Anfänger achten?
Bizarr geformte, steile Felsen recken sich in die Höhe, darunter schlängelt sich ein rauschender Gebirgsfluss über mächtige, jahrtausendalte Findlinge: Das Okertal im Harz gehört zu den Regionen Niedersachsens, die in Reiseführern gerne als „wildromantisch“ beschrieben werden. Für Kletterfans ist das Tal eines der Lieblingsziele im Norden. Für den Urlaub vor der Haustür in Corona-Zeiten ist Klettern eine Sportart, die auch Anfänger ausprobieren können - allerdings sollten sie einiges beachten und keinesfalls ohne Begleitung durch einen erfahrenen Felskletterer ins Gebirge, empfiehlt Barbara Ernst, die Vorsitzende des Landesverbandes Nord des Deutschen Alpenvereins.
Klettern für Anfänger in Niedersachsen
Obwohl in den frei zugänglichen Gebieten jeder für sich selbst die Entscheidung treffen kann, Klettern zu gehen, sind umfassende Vorerfahrungen aus Sicht des Alpenvereins dringend nötig. „Klettern ist ein wunderbarer Sport, den man bis ins hohe Alter betreiben kann, hat aber auch seine Risiken“, erläutert Landesvorsitzende Ernst. Neben der richtigen Ausrüstung ist aus ihrer Sicht eine Ausbildung oder zumindest die Begleitung durch Kletterer mit ausreichend Erfahrung unumgänglich.
Für eine Kletterausbildung bietet der Alpenverein an unterschiedlichen Orten in Niedersachsen regelmäßig Anfängerkurse an. Wer wegen der Einschränkung der Angebote in Corona-Zeiten keinen Kurs findet, sollte in einer Kletterhalle anfragen oder Kontakt zu einer Gruppe aufnehmen - beispielsweise über die verschiedenen Sektionen des Alpenvereins.
Was beim Klettern in Corona-Zeiten beachtet werden muss
Wie bei anderen Sportarten auch gelten für das Klettern die jeweils aktuellen Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln. Weil man bei diesem Sport sowieso draußen und auf Abstand unterwegs ist, lässt sich besonders Felsklettern auch in Corona-Zeiten gut betreiben. Das haben viele Sportler in den vergangenen Wochen genutzt: „Als die Kletterhallen geschlossen waren, waren mehr Leute draußen am Gebirge unterwegs“, berichtet Axel Hake, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Klettern Niedersachsen.
Wo Klettern überall erlaubt ist
Grundsätzlich ist in Deutschland keine besondere Erlaubnis nötig, um draußen Klettern zu gehen, da Klettern per Gesetz - ganz wie Spazierengehen oder Wandern - der Erholung dient. Allerdings erfolgt Kraxeln in der Natur immer auf eigene Gefahr und es kann Einschränkungen beispielsweise durch den Naturschutz geben. So werden besonders im Frühjahr zur Vogelbrutzeit viele Felsen vorübergehend gesperrt und die Natur darf durch das Klettern nicht beschädigt werden. Sperrungen der einzelnen Gebieten sind in der Regel ausgeschildert oder auf den Internetseiten von Alpenverein und IG Klettern Niedersachsen zu finden.
Kletterhallen
Meterhoch über der Erde in der Wand stehend, nur von der eigenen Geschicklichkeit oder beim Fallen durch das Kletterseil gehalten - wer sich mit diesem Gefühl erstmal vertraut machen und in die Sportart reinschnuppern möchte, kann das am besten in einer Kletterhalle. In Norddeutschland betreibt der Alpenverein unter anderem in Hamburg und Bremen Kletterzentren, in Niedersachsen befinden sich weitere Hallen in Oldenburg sowie Hannover, Hildesheim und Göttingen. Vielerorts kann man die verschiedenen Kletter- und Sicherungstechniken dabei auch an Außenwänden der Halle üben, bevor es richtig nach draußen ins Gebirge geht.
Harz
Nördlich des Nationalparks Harz liegt das Okertal und damit nach Einschätzung der IG Klettern Niedersachsen eines der bedeutendsten Klettergebiete Niedersachsens. Bis zu 160 Meter lange Grate und 50 Meter hohe Felswände aus Granit bieten Routen in sämtlichen Schwierigkeitsgraden. Im Winter ist - bei genügend geringen Temperaturen - am Romkerhaller Wasserfall sogar Eisklettern möglich. Nach der Klettertour bietet sich ein Abstecher zur nahe gelegenen Okertalsperre an. Sie ist die größte ihrer Art in Niedersachsen und lässt sich per Schiffstour erkunden und lädt zum Baden, Angeln oder Tauchen ein.
Weserbergland
Südlich von Hannover bietet das Weserbergland diverse Höhenzüge wie Süntel, Solling oder das Wesergebirge und damit eine Vielzahl Klettergebiete in unmittelbarer Nähe zueinander. Die Felsen zeichnen sich durch Kalkstein aus, wie er unter anderem in der Fränkischen Schweiz in Bayern zu finden ist. „Die Wände sind häufig ziemlich steil und weisen große Löcher auf, ein bisschen so wie in den Dolomiten“, sagt Axel Hake.
Besonders beliebtes Ziel im Weserbergland ist nach Einschätzung von Hake der Ith. Etwa eine Autostunde von Hameln und Hildesheim entfernt betreibt der DAV einen Zeltplatz auf dem Ith, von dem aus Kletterer ihre Touren starten können. Wer die Kletterpartie mit einer längeren Wanderung verbinden möchte, kann dafür den im vergangenen Jahr als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ ausgezeichneten, 80 Kilometer langen Ith-Hils-Wanderweg nutzen.
Göttinger Wald
Ganz im Süden Niedersachsen erstreckt sich östlich von Göttingen der Göttinger Wald. Die Kiefernwälder und Sandsteinfelsen ähneln dem Erzgebirge und der Natur in der Sächsischen Schweiz. Eine Besonderheit des Gebietes sind die vielen ehemaligen Steinbrüche wie die Appenroder Wand im Wendebachtal (etwa 20 Autominuten südlich von Göttingen). Sie locken regelmäßig nicht nur Felskletterer, sondern auch zahlreiche Wanderer in die Region.
Friesland / Sande
Von wegen „plattes Land“ - selbst direkt an der Küste müssen Kletterer nicht darauf verzichten, ihrem Sport an der frischen Luft nachzugehen. Möglich macht das der „Monte Pinnow“, ein ehemaliger Bunker, der sich nach einem missglückten Sprengversuch in 18° Schieflage befindet. „Der Kletterbunker ist eine der ältesten künstlichen Kletteranlagen“, sagt Axel Hake von der IG Klettern Niedersachsen. In den 1980er Jahren kaufte die DAV-Sektion Wilhelmshaven das 18 Meter hohe und 17 Meter breite Gebäude auf und installierte zahlreiche Kletterrouten. (dpa)