Schöningen. Wenig Besucher und finanzielle Verluste - lange galt das frühere Paläon als Sorgenkind der niedersächsischen Museumslandschaft.
Mit einem Wirbelknochen hatten die ungewöhnlichen Funde im September 2017 angefangen - mittlerweile haben Archäologen in Schöningen ein nahezu vollständiges Skelett eines eurasischen Waldelefanten freigelegt.
Ihre Erkenntnisse zu dem Tier, das vor 300.000 Jahren in der Umgebung im Kreis Helmstedt starb, präsentierten die Wissenschaftler nun im Forschungsmuseum Schöningen.
Altsteinzeitliche Grabungsstelle
Viele der Knochen seien, wie die meisten Funde aus der altsteinzeitlichen Grabungsstelle, außerordentlich gut erhalten, sagte Grabungsleiter Jordi Serangeli bei einem Ortstermin in dem ehemaligen Braunkohletagebau. Er zeigte sich optimistisch, auch den Rest des Tieres zu finden. "Der beste Fund ist immer im nächsten Quadratmeter", sagte Serangali. Deshalb geht die Suche behutsam auf diesen kleinen Flächen auf dem riesigen Gelände weiter.
An den bisherigen Funden waren Experten vom Senckenberg-Zentrum für menschliche Evolution und Paläoumwelt der Universität Tübingen in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD) beteiligt. Ihre Erkenntnisse veröffentlichen die Wissenschaftler im Fachmagazin "Archäologie in Deutschland". Für den Forschungsleiter Nicholas Conard ist längst klar: "Schöningen ist ein unschlagbarer Fundplatz".
Die gefundenen Knochen der Elefantenkuh sollen von Doktoranden wie dem Niederländer Ivo Verheijen untersucht und im Forschungsmuseum restauriert werden. Besucher können sie dort besichtigen. 2022 soll es dann eine große Ausstellung mit Fokus auf diese Tiere geben, wie NLD-Präsidentin Christina Krafczyk ankündigte.
Größer als heutige afrikanische Elefantenkühe
Denn mit den Knochen können die Forscher die Geschichte der Elefanten erzählen. "Das Tier hatte eine Schulterhöhe von etwa 3,2 Metern und ein Gewicht von rund 6,8 Tonnen", berichtete der Archäozoologe Verheijen. Damit sei das Tier größer als heutige afrikanische Elefantenkühe. Geborgen wurde das Skelett an einer Stelle, wo sich damals das Seeufer befand. Die Experten gehen davon aus, dass am Schöninger See zahlreiche Artgenossen unterwegs waren. Sie konnten Fußabdrücke in der Nähe dokumentieren.
Forschungsleiter Conard spricht von einer erneuten Erfolgsmeldung für den Standort. Erst vor wenige Wochen hatten Wissenschaftler ihre Erkenntnisse über einen rund 300.000 Jahre alten, geschnitzten Stock aus der Altsteinzeit veröffentlicht, der vor vier Jahren bei Ausgrabungen gefunden wurde. Neben den sogenannten Schöninger Speeren aus Fichten- und Kiefernholz sowie einer Stoßlanze gehört das Wurfholz zu den ältesten bekannten vollständig erhaltenen Jagdwaffen der Welt.
Die Fortschritte kommen für das
Forschungsmuseum Schöningen zur rechten Zeit. Die Einrichtung war erst im vergangenen Sommer aus dem vielkritisierten Paläon hervorgegangen. Das 2013 eröffnete Erlebniszentrum hatte 15 Millionen Euro gekostet und stand wegen der hohen Kosten von Anfang an in der Kritik. Die Besucherzahlen sanken kontinuierlich von etwa 70.000 auf rund 30.000 Menschen pro Jahr. Ohne eine dauerhafte Förderung durch das Land wäre eine Zukunft schwer vorstellbar gewesen, hieß es 2019, als das Landesamt für Denkmalpflege die Regie übernahm.
(dpa)