Essen. Ostern ist in Russland nicht nur ein kirchliches Fest, sondern vor allem eine jahrhundertealte Tradition, die auch die Kommunisten in der Sowjetunion nicht unterdrücken konnten. Die Feierlichkeiten sind prunkvoller als an Weihnachten. Die Nacht zum Ostersonntag läutet das Ende der Fastenzeit ein.
In diesem Jahr fällt der Ostersonntag in der orthodoxen und katholischen Kirche auf einen Tag. Doch das ist nicht jedes Jahr so: In Russland wird Ostern normalerweise später als im Westen gefeiert. Das liegt am jeweiligen Kalender, nach welchem das Osterdatum berechnet wird. Dabei hält sich die russisch-orthodoxe Kirche an den alten julianischen Kalender, während die westlichen Kirchen den gregorianischen Kalender aus dem 16. Jahrhundert verwenden.
Winterende am "sauberen" Donnerstag
Die Vorbereitungen zum Ostersonntag beginnen bereits am Donnerstag - in Russland auch "sauberer" Donnerstag genannt, weil sich die Gläubigen an diesem Tag vom Schmutz des Winters befreien. Traditionell werden an diesem Tag Eier in Wasser mit Zwiebelschalen gekocht und gefärbt. Ein alter Glaube besagt: Wer sich im Sud der zwiebelgefärbten Eier wäscht, wird im nächsten Jahr mit Gesundheit und Schönheit belohnt.
Die Ostereier werden allerdings nicht, wie in westlichen Ländern, versteckt und gesucht, sondern einfach als Geschenke an Bekannte und Freunde überreicht. Die schönsten und teuersten Ostereier schenkte der Hofjuwelier Peter Carl Fabergé der Zarenfamilie im 18. Jahrhundert. Sie wurden aus Porzellan gefertigt und seitdem jedes Jahr neu designt.
Osterkuchen und Eier werden in der Kirche geweiht
Nicht nur bunte Eier, sondern auch Kulitsch (Osterbrot) und Pascha (Quarkkuchen mit Rosinen und Zimt) gehören auf die russische Festtafel. Außerdem wird der Tisch mit frischen Blumen und Weidensträußen dekoriert. Nach einer alten Tradition nimmt man den Osternkuchen und die Eier mit zum Gottesdienst, um sie dort von dem Geistlichen weihen zu lassen.
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Die Osternacht wird auf eine besondere Weise zelebriert: Bereits am Samstagabend versammeln sich Menschen in den Kirchen zu der festlichen Messe. Viele tragen dabei rote oder weiße Bekleidung, die das Leben und die Auferstehung symbolisieren. Der Oster-Gottesdienst ist der wichtigste des ganzen Jahres.
"Christus ist auferstanden"
Der mehrstündige Gottesdienst beginnt gegen Mitternacht und erfordert Durchhaltevermögen, denn Sitzplätze gibt es in den orthodoxen Gotteshäusern nicht. Zunächst tritt der Geistliche mit einer großen Kerze in der Hand in die versammelten Reihen und spricht "Christus ist auferstanden". Die Gläubigen antworten darauf im Chor: "Wahrhaftig auferstanden". Diese Gratulation wiederholt sich dreimal.
Nach dem Gebet schreitet der Pope (Priester der orthodoxen Kirche) durch die Massen in Richtung Ausgang: Es ist Zeit für einen Kreuzgang. Er symbolisiert den Weg der Jünger, die dem auferstandenen Christus entgegen gingen. Zusammen mit den Gläubigen geht der Geistliche einmal um die Kirche - entgegen dem Uhrzeigersinn. Danach wird der Gottesdienst fortgesetzt und bis zum Morgengrauen gefeiert.
Ausklang im Familienkreis
Der Ostersonntag steht in Russland ganz im Zeichen der Verwandschaft und wird im engen Familienkreis gefeiert. Die Begrüßung hat an diesem Tag ein besonderes festes Ritual: Wie beim Gottesdienst gratuliert eine Person der anderen mit den Worten "Christus ist auferstanden", woraufhin der andere mit "Wahrhaftig auferstanden" antwortet. Anschließend werden Küsse und gefärbte Eier ausgetauscht.