Düsseldorf. Zum Wintersemester startet an mehreren NRW-Hochschulen das Hebammen-Studium. So bewertet der Berufsverband die Änderungen in der Ausbildung.
Mehr als 200 Studienanfängerinnen starten in diesem Herbst in ein Hebammen-Studium - so viele wie noch nie zuvor in NRW. Im Zuge der Akademisierung des Berufs beginnen zum Wintersemester 2021/22 gleich vier neue Studiengänge für Angewandte Hebammenwissenschaft, wie das Wissenschaftsministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. So wird an der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, der Katholischen Hochschule zu Köln, der Hochschule Niederrhein und der Fachhochschule Bielefeld der Studiengang neu eingeführt.
Die Hochschule für Gesundheit in Bochum, die einst den ersten Hebammenstudiengang in NRW hatte, bietet den Studienstart für einen etwas angepassten Bachelor-Studiengang Hebammenwissenschaft nun zum Winter- und zum Sommersemester an und hat die Zahl der Plätze aufgestockt.
Reform der Hebammenausbildung: NRW plant 300 Studienplätze an acht Hochschulen
In einem Jahr sollen dann auch Hebammen-Studiengänge in Aachen, Bonn und Münster an den Start gehen. Die privaten Hochschulen Fliedner Fachhochschule in Düsseldorf sowie die Fachhochschule des Mittelstandes in Bielefeld bieten bereits seit Längerem ein entsprechendes Studium an. Nach Auskunft der Hochschulen waren die Studienplätze landesweit sehr begehrt. So kamen allein in Bochum mehr als 600 Bewerbungen für 44 Plätze in ersten Halbjahr an.
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Bereits im Herbst 2019 war eine Reform der Ausbildung bundesweit beschlossen worden. Demnach sollen Hebammen nicht mehr an Hebammenschulen, sondern in einem Bachelorstudium mit hohem Praxisanteil ausgebildet werden. Das soll den Beruf attraktiver und die Ausbildung besser machen. Das Land plant bis zum Start des Wintersemesters 2022/23 insgesamt 300 staatlich finanzierte Studienplätze an acht Hochschulen.
Der Landesverband der Hebammen Nordrhein-Westfalen sieht allerdings noch Defizite. Zwar sei das Hebammenstudium der richtige Weg, um den Beruf aufzuwerten, auch steige die Zahl der ausgebildeten Hebammen stetig, sagte dessen Landesvorsitzende Barbara Blomeier. Die Akademisierung gestalte sich aber nach wie vor "extrem schwergängig".
Hebammen-Mangel in vielen Kreißsälen - Das sagt der Berufsverband
Die angespannte Mangelsituation insbesondere in vielen Kreißsälen der Kliniken lasse sich mit dem bislang von der Landesregierung geplanten Ausbau an Studienplätzen nicht decken. Zuletzt hatten nach Angaben des Hebammenverbandes immer wieder Kliniken vorübergehend ihre Kreißsäle geschlossen, weil es an Fachpersonal fehle. "Wir können nicht davon ausgehen, dass alle Hebammen in Vollzeit tätig sind", sagte Blomeier. "Der Engpass in den Kliniken lässt sich nur durch eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Griff bekommen", so Blomeier.
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Aktuell werde der Ausbau der Studienlandschaft auch durch zögerliche oder abspringende Praxis-Kooperationspartner gefährdet, sagte Blomeier. Die Studierenden im dualen Studiengang benötigen solche Partner für die praktische Ausbildung, etwa Kliniken und freiberufliche Hebammen, bevor sie sich an der Hochschule einschreiben können. Dazu müssen wechselseitige Verträge zwischen Studentin, Hochschule und Kooperationspartnern geschlossen werden.
Viele Kliniken scheuten den "teilweise irren Aufwand", für viele freiberufliche Hebammen sei das Engagement für die Ausbildung zusätzlich mit finanziellen und planerischen Unsicherheiten verbunden. "Wenn wir nicht wollen, dass Studienplätze gefährdet sind, müssen wir hier einheitliche und verlässliche Konzepte auf den Weg bringen, wie Praxis und Hochschule zusammenarbeiten und die Finanzierung gesichert werden kann", sagte Blomeier. (dpa)