Bei den Formel-1-Rennen in Europa sind die LKWs der Formel-1-Teams im Dauerstress. Im Gegensatz zu den Überseerennen, bei denen das Material per Luftfracht unterwegs ist, werden Rennwagen und Material in Europa über Autobahnen und Landstraßen an die Rennstrecken transportiert.
Während es auf der Rennstrecke in der Hauptsache um Rundenzeiten, Höchstgeschwindigkeiten und Zweikampfstärke geht, sind die wichtigen Kriterien für die Trucks die Zugkraft am Berg, Nutzlast und Fahrkomfort.
Denn aufgrund der in ganz Europa geltenden Verkehrsgesetze für Lkws ist die maximale Geschwindigkeit der Formel-1-Trucks auf etwa 90 km/h begrenzt. Egal wie schnell die Trucks von Mercedes-Benz, MAN, Iveco, Renault und Volvo das Formel-1-Material auch bewegen könnten, die Geschwindigkeitsbegrenzer limitieren ihr Tempo unbarmherzig auf Werte, wie sie die F1-Wagen stotternd im ersten Gang in der Boxengasse erreichen.
Die Polizei lässt die Fahrer oft nicht in Ruhe
Die PS-Sieger auf dem F1-Highway sind mit knapp 600 PS die Actros Zugmaschinen von Mercedes-Benz. Den Iveco Stralis von Ferrari fehlen auf Mercedes-Benz einige PS. Langsamer sind sie dadurch trotzdem nicht. „Viele Trucker missachten das Speedlimit, aber die Ferrari-F1-Trucks halten sich penibel daran“, versichert Ferrari-Cheftrucker Andrea Vaccari, der trotzdem schon in eigentlich allen europäischen Ländern mit der Polizei zu tun bekommen hat. „Immer wieder werden wir angehalten, aber die Polizisten wollen gar nicht unsere Papiere sehen. Sie wollen nur mit uns reden, Fotos machen und betteln um Kappen und T-Shirts.“
Wegen des Firmensitzes in der Schweiz haben die Trucks von Sauber auch im vereinten Europa noch immer bei jedem Rennen mit Zollformalitäten zu tun. Hier müssen Kappen und T-Shirts griffbereit sein, damit die Abfertigung zügig über die Bühne geht.
Chef-Trucker Christian schätzt an seinem Standort Hinwil die zentrale Lage. „Für uns sind praktisch alle europäischen Strecken innerhalb von einem Tag zu erreichen und wir müssen das Werk erst am Montag und Dienstag verlassen.“
Die größten sichtbaren Unterschiede der Team-Lkws sind die Aufbauten der großen Auflieger. Diese werden nach den Wünschen der Teams von Spezialfirmen aufgebaut. Die optischen Könige des Fahrerlagers sind die zweigeschossigen Trucks von Ferrari, Mercedes-Benz, McLaren Mercedes und Red Bull. Bei ihnen wird nach der Ankunft ein zweites Geschoss ausgefahren, in dem sich hauptsächlich Büros für die Ingenieure und Werkstatt-Bereiche befinden.
Gemessen an den Laufleistungen normaler LKWs sind die Trucks pro Jahr mit 20 000 bis 30 000 km nur wenig unterwegs. Dies legen Lkws von Speditionen normalerweise in zehn Wochen zurück.
Im Gegensatz zu ihren LKWs haben die Fahrer an den Rennwochenenden leider keine Freizeit. Zunächst sind sie mit der Vorbereitung der Boxen und dem Ausräumen der Trucks beschäftigt.
An den Trainings- und Renntagen kümmern sie sich um die Reifen, um das Benzin und spielen auch im Rennen bei den Boxenstopps meistens entscheidende Rollen – an den Tankanlagen und beim Reifenwechsel. Weil die LKW-Fahrer dadurch am Rennwochenende quasi keine Ruhezeiten haben, lassen sich die großen Teams für die Rückfahrt nach dem Rennen Speditionsfahrer einfliegen.
LKWs mit Jacuzzi-Bad?
Fragt man die Trucker, welche Kriterien für sie ausschlaggebend sind, so lautet die Antwort stets: „Komfort, schließlich sind wir 16 Stunden pro Tag in der Fahrerkabine unterwegs“, sagt Paul Singlehurst, der auch für jede Annehmlichkeit im Führerhaus wie „Kühlschrank und Klimaanlage“ dankbar ist.
Eines allerdings kann er nicht bestätigen: Ein Jacuzzi-Bad, das ein neidischer Kollege eines Konkurrenzteams dem Mercedes-Benz-Truck andichten wollte, „das haben wir definitiv nicht an Bord“.