Ein ganz neues Schiffskonzept für den deutschen Markt. Ein Kreuzfahrtschiff, unterhalb der MS Europa und oberhalb der Aida-Schiffe.
Ein Schiff für anspruchsvolle Individualisten, die im Rahmen einer Seereise zwar kein Captain-Dinner wünschen, aber auf perfekten Service durch deutschsprachiges Personal viel Wert legen. Ein Schiff, welches trotz seiner riesigen Dimension und einem Fassungsvermögen für 2000 Passagiere dem einzelnen Gast genügend Freiraum und Rückzugsmöglichkeiten bietet.
Mit diesem Anspruch, mit dieser Vision, ist Reedereichef Richard J. Vogel vor exakt 13 Monaten angetreten, als seine Firma TUI Cruises in das Handelsregister eingetragen wurde. Das Joint-Venture zwischen der amerikanischen Reederei Royal Caribbean und der deutschen TUI AG will sich einen Anteil am boomenden Kreuzfahrtmarkt sichern, indem es sich in die Lücke zwischen Clubschiff und klassischer Kreuzfahrt schiebt.
Seit vergangenem Wochenende ist nun erstmals erkennbar, ob dies gelingen wird oder nicht. Nimmt man nur die äußeren Veränderungen zum Maßstab, stehen die Chancen für den Erfolg des Projekts gut. Die „Mein Schiff“ hat, obwohl sie „nur“ umgebaut wurde, vom Start weg einen eigenen Charakter, einen eigenen Stil entwickelt.
Viel wurde investiert in die Gastronomieflächen, viel in die Innenarchitektur und die Auswahl der Möbel. Doch statt laut, schrill und bunt, wie es auf den meisten Schiffen dieser Größenordnung eigentlich üblich ist, wurden die Farben und Materialien zurückhaltend und dezent eingesetzt. Viele Bereiche sind Ton in Ton gehalten, helle und lichte Räume sind Teil des Konzepts.
Wichtiges Herzstück von „Mein Schiff“ ist zudem der große Spa-Bereich, mit einer üppig dimensionierten Sauna samt Meerblick. Neben Massage- und Behandlungsräumen gibt es zudem mehrere Spa-Suiten, in die sich die Passagiere für einige Stunden einmieten können. Darüber hinaus wird in dem so genannten „Blue Motion Room“ eine Reise nach Innen ermöglicht. Während der rund 15-minütigen Sitzung soll durch sanftes Schaukeln, Wärme sowie pränatal anmutende Klänge die Erweiterung des Bewussteinshorizonts erreicht werden. Wer nicht darauf vertraut, dass allein die Entspannung zu einem besseren Aussehen verhilft, kann sogar die Hilfe von plastischen Medizinern und Zahnärzten in Anspruch nehmen, die Botox- und Bleaching-Behandlungen an Bord anbieten.
Apropos Schönheitsoperationen. Einige gezielte Sanierungsarbeiten würden derweil auch der „Mein Schiff“ noch gut tun. „Wir wissen, dass man in 13 Monaten keine perfekt funktionierende Reederei und kein makellos umgebautes Schiff präsentieren kann“, versucht Richard Vogel möglichen Kritikern gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Und verspricht Abhilfe. „Wir werden das Schiff jeden Tag ein Stück weiter nach vorne bringen.“ So müssen noch einige Teppich ausgetauscht oder etwa die Außenbereiche der unteren Decks renoviert werden. Zu prüfen wäre auch eine neue Lösung für den Fitnessbereich, der zwar mit modernsten Geräten, aber mit viel zu wenig Platz ausgestattet wurde.
Recht bescheiden, verglichen mit der Neugestaltung der öffentlichen Bereiche, fallen auch die Kabinen aus. Hier beschränkte sich TUI Cruises auf den Einsatz neuer Stoffe und Decken sowie die Ausstattung mit zeitgemäßen Flachbildschirmen und Espressomaschinen. Die Bäder, die amerikanisch-weichen Betten und die eher schlichten Schränke wurden hingegen nicht ausgetauscht. Eine massive Aufwertung der Wohnqualität ist aber immerhin bei den immerhin 200 Kabinen mit zusätzlichen Balkonen und den weiteren 200 Kabinen, deren Balkone in Veranden verlängert wurden, zu verzeichnen. Eine Investition, die sich laut Vogel auszahlen wird. „Wir verkaufen die Kabinen von außen nach innen und haben bisher alle Balkonkabinen zum original Katalogpreis vermarkten können.“ Jetzt, wo das Schiff endlich greifbar und mit Fotos belegbar ist, erhofft sich der TUI-Cruises-Chef einen weiteren Verkaufsschub. „Bislang wurden die Buchungen auf Vertrauensbasis vorgenommen, ab sofort sind die Bilder und unsere Qualität sichtbar.“
Tatsächlich, das Produkt, die Ausstattung, die äußere Hülle der „Mein Schiff“ ist gelungen. Ob die inneren Werte ebenfalls stimmen, zeigt sich, wenn das Bordleben in Fahrt kommt und sich die neue Crew eingespielt hat. Das Konzept dafür mit viel persönlichem Service statt Massenabfertigung steht. Jetzt muss es erfolgreich mit Leben gefüllt werden. Gute Reise, „Mein Schiff“.