Himmelsstürmer Wilhelm Eimers greift nach dem Weltmeister-Titel im Gasballonfahren.
Kurz bevor der Ballon der Erde entschwebt, posiert Wilhelm Eimers (66) schnell noch für ein Selfie. Die Gäste sind extra aus Russland angereist, um den Weltmeister im Gasballonfahren zu treffen. Der Duisburger ist ein echter Star unter den Himmelsstürmern. Vier Mal gewann er bereits den Gordon-Bennett-Cup, das berühmteste Ballonrennen der Welt. Bei der Heim-WM im September startet er nach Platz zwei im vergangenen Jahr einen neuen Angriff auf den Thron der Luftschiffer.
„Von hier oben hat man eine ganz andere Perspektive auf die Welt“, sagt Eimers. Auch nach mehr als 1300 Fahrten genießt er immer noch den Blick aus dem Ballon. „Viele Probleme, die vor wenigen Minuten noch übermächtig erschienen, relativieren sich ganz schnell, wenn man die Perspektive wechselt.“
Seit er als 14-jähriger Junge einen Ballon an den Ruhrwiesen in Duisburg landen sah, träumt er vom Ballonfahren. „Wir sind barfuß zu der Landesstelle gelaufen und haben dem Piloten beim Einpacken des Ballons geholfen und durften auch in den Korb klettern. Eine echte Sensation. Wir hatten ja noch nie einen Ballon aus der Nähe gesehen“, so Eimers. Das war im Sommer 1964. Seitdem ist er mit dem „Ballon-Virus“ infiziert.
Es kommt vielleicht auf wenige Meter an
Eimers ist der, der mit dem Wind fährt. Lenken kann er den Ballon nicht. Nur höher oder tiefer gehen und die unterschiedlichen Luftschichten nutzen. Das kann entscheidend sein: Beim Gordon Bennett, der Weltmeisterschaft der Gasballonfahrer, kommt es mitunter auf wenige Meter an. Es gewinnt das Team, das am weitesten kommt. Bei seinem letzten WM-Titel 2014 legte Wilhelm Eimers mit seinem Co-Piloten Matthias Zenge in 61 Stunden rund 1410 Kilometer von Vichy (Frankreich) nach Syrakus (Sizilien) zurück.
Tag und Nacht in einem nur 1,25 mal 1,20 Meter großen Korb – da ist Teamwork gefragt. „Man muss sich hundertprozentig aufeinander verlassen können“, sagt Eimers. Hoch oben in der Luft hat man viel Zeit zum Reden. Und zum Schweigen. „Es ist ein Gefühl der Freiheit“, sagt Eimers. „Auch nach Jahrzehnten finde ich es immer wieder toll, die Erde von oben betrachten zu können.“
Alles, was sie für die Wettfahrt brauchen, müssen sie vorher in den Korb packen. Essen, Trinken und – ganz wichtig – einen Toiletteneimer. Eimers: „Da kommt dann eine Mülltüte und Wasser rein. Der Beutel wird dann während der Fahrt über freiem Gelände abgeworfen.“
Unterwegs anhalten geht nicht. Geschlafen wird auf einem Brett. Die Füße können durch eine Luke aus dem Korb gestreckt werden. Eimers: „Das ist zwar nicht sehr bequem, reicht aber um drei bis vier Stunden die Augen zuzumachen.“
Die ganze Familie fiebert mit
Die Technik entwickelt sich auch im Ballonsport immer weiter. Fuhren die Teilnehmer des Gordon Bennetts früher nur mit Karte und Funkgerät los, setzen sie heute auf die Hilfe von GPS und „Wetterfröschen“. Sohn Benjamin hält seinen Vater vom Boden aus ständig auf dem Laufenden, wie sich die Bedingungen entwickeln und wo die Reise hingehen könnte. Irgendwann wollen sie auch mal gemeinsam bei der WM antreten und den Titel für Deutschland holen.
„In verschiedenen Höhen ist man mit dem Gasballon unterschiedlich schnell. Die Geschwindigkeit ist aber nicht das einzige, was ausschlaggebend ist“, erklärt Eimers. Schließlich geht es nicht darum, wer am schnellsten am Ziel ist, sondern wer die meisten Kilometer mit einer Gasfüllung zurücklegt. Mit seinem ehemaligen Co-Piloten Bernd Landsmann landete Eimers 1995 beim Gordon Bennett erst nach 92 Stunden und 11 Minuten. Bis heute hält er damit den Weltrekord!
Die ganze Familie fiebert mit, wenn Wilhelm Graf von Seppenrade – so der Ballonfahrername des Elektrotechnikers – in die Luft geht, um sich nach 1995, 1996, 2000 und 2014 seinen fünften Weltmeistertitel zu holen. Westlotto, Deutschlands größter Lotterieveranstalter, unterstützt ihn bei der Erfüllung seines Traums.
„Glück ab und gut Land“ – in welchem Land sie den Ballonfahrergruß rufen werden, ist eine Windlotterie. Eimers: „Man legt sich vorher verschiedene Strategien zurecht. Am Ende hängt aber alles vom Wind ab und dem Mut, schnell Entscheidungen zu treffen.“ Sein Wunsch für die WM 2016: Eine weite Fahrt nach Skandinavien. Dann wird er nach einer hoffentlich sanften Landung auch ausnahmsweise mal ohne Ballon im (siebten) Himmel schweben.