Dortmund/Hohenlimburg.. Verwirrung und Verärgerung löst eine Formulierung in den Anschreiben aus, die die Finanzverwaltung mit den Vordrucken der Steuererklärung für 2012 verschickt hat. Demnach „sollen/müssen“ die Steuerpflichtigen künftig ihre Erklärung in elektronischer Form abgeben.
Ratlosigkeit herrschte bei dem Pensionär aus Hohenlimburg, als er jetzt das Formblatt zu seiner Steuererklärung für das Jahr 2012 durchlas. „Der Versand von Vordrucken durch die Finanzverwaltung NRW findet in diesem Jahr zum letzten Mal statt“, hieß es dort. Und weiter: „Künftig sollen/müssen Sie Steuererklärungen in elektronischer Form einreichen.“
Auch sein 53-jähriger Sohn, den er zu Rate zog, zeigte sich verunsichert: „Wir habe lange darüber gesessen und überlegt, ob das wirklich eine Muss-Bestimmung ist“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter.
[kein Linktext vorhanden]Bund der Steuerzahler: "Absolut verwirrend"
Heinz Wirz, Landesvorsitzender vom Bund der Steuerzahler NRW, kann den Eindruck nur bestätigen. „Das ist absolut verwirrend“, betont er. „In der Tat kann die Formulierung so verstanden werden, als dass von jedem kleinen Steuerzahler generell erwartet wird, dass er die Erklärung künftig in elektronischer Form abgibt. Dabei gilt das gar nicht für Rentner oder ganz normale Arbeitnehmer, sondern hauptsächlich für Selbstständige und Gewerbetreibende.“
Beim Bundesverband der Steuerzahler in Berlin stößt die Formulierung in dem Schreiben ebenfalls auf Kritik: „Es wäre wünschenswert, wenn eine Finanzverwaltung genauer darüber informiert, wer tatsächlich eine elektronische Steuererklärung abgeben muss und wer nicht“, sagt Dr. Isabel Klocke, Justiziarin und Referentin für Steuerrecht und Steuerpolitik. „Weil es hier um eine Form von Freiwilligkeit gehe, hätte man statt ‘sollen’ eher ‘dürfen’ schreiben müssen.“ Außerdem fehle ein Hinweis auf Härtefälle oder Ausnahmen. Klocke: „So etwas ärgert uns immer wieder.“
Auch der WR-Leser aus Hohenlimburg ist sauer: „Das ist ein dicker Hund“, kommentierte er die Informationen. „Ich finde, dass man mit solchen Vokabeln sorgfältiger umgehen sollte. Oder setzt man die gar bewusst ein, um die Bürger, gerade die älteren, zu verunsichern? Was ist mit denen, die keinen Internet-Zugang haben? Verzichten die vielleicht künftig auf eine Steuererklärung – und damit auch auf mögliche Erstattungen? Sein Urteil steht jedenfalls fest: „Wenn das der Hintergedanke dieser Formulierung wäre, wäre es böse. Wenn es aus Versehen erfolgt ist, müsste man es künftig umformulieren.“
Einen „systematischen Plan“ möchte der Bund der Steuerzahler NRW der Finanzverwaltung nicht unterstellen. „Das halte ich für gewagt“, sagt Heinz Wirz. „Aber es passt ins Bild, das wir haben: Dass sich nämlich das Steuerklima zwischen der Finanzverwaltung und dem Steuerzahler in den letzten Jahren eingetrübt hat und schlechter geworden ist.“
FinanzämterVerband schrieb an Ministerium
Hans-Ulrich Liebern, Abteilungsleiter Steuern beim Bund der Steuerzahler NRW, sieht „System“ hinter der ungenauen Formulierung: „Dahinter steckt die Haltung: Stört uns nicht im Finanzamt, schickt uns alles online.“ Nachdem sich bei ihm die Anfragen und Beschwerden – vor allem älterer Arbeitnehmer und Rentner – bereits gehäuft haben, hat er das Ministerium angeschrieben und eine „bürgerfreundliche Regelung“ angeregt : Etwa, künftig zumindest den Rentnern die Papier-Vordrucke noch per Post zuzuschicken. Eine Antwort habe er bislang nicht erhalten.
Der Rat von Heinz Wirz an die Steuerzahler: „Nicht ins Bockshorn jagen lassen! Machen Sie Ihre Steuererklärung, wenn sie möchten, weiter auf Papier.“